

Eine neue Vereinbarung regelt ab 1. Juli die Versorgung psychisch Kranker an Institutsambulanzen. In ihr ist nicht nur definiert, welche Patienten diese aufsuchen dürfen, sondern es werden erstmals auch bestimmte Patientengruppen ausgeschlossen.
Demenzerkrankungen, schwere Depressionen, Schizophrenie oder bipolare Störungen – Erwachsene, Kinder und Jugendliche mit solchen schweren chronischen Erkrankungen stehen im Mittelpunkt der Versorgung an den bundesweit 400 psychiatrischen Institutsambulanzen (PIA). Dank dieser Anlaufstellen können stationäre Aufenthalte der Betroffenen oft vermieden werden. Zur Aufgabe dieser Klinikeinrichtungen gehört zudem die Versorgung von Notfällen. Die Vergütung der Behandlung dieser Patienten erfolgt unmittelbar von den Krankenkassen an die Einrichtungen. Eine Vereinbarung zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und den Kassen regelte, welche Patientengruppen in PIA behandelt werden sollten. Einzelne KVen und der Beratende Fachausschuss für Psychotherapie hatten jedoch beklagt, dass die PIA darüber hinaus noch zu viele leichter erkrankte Patienten behandelten. Für diese Fälle ist eine Versorgung bei den niedergelassenen Ärzten und Psychotherapeuten vorgesehen.
Neuer Vertrag bringt Klarheit
Die KBV hatte deshalb zum 1. Januar 2009 den Vertrag nach § 118 Abs. 2 Sozialgesetzbuch V gekündigt. Er sicherte bis dahin die Arbeit der PIA, definierte aber nicht genau, welche Patientengruppen in diesen Einrichtungen behandelt werden dürfen. Am 1. Juli tritt nun eine neue Vereinbarung in Kraft, auf die sich die KBV, die DKV und der GKV-Spitzenverband nach langwierigen kontroversen Verhandlungen am 30. April 2010 geeinigt haben (siehe Bekanntgabe der KBV in diesem Heft).
Der Vertrag beinhaltet Kriterien, die darüber entscheiden, ob ein Patient in einer PIA behandelt wird. Dazu zählen vor allem die Art, Schwere und Dauer der Erkrankung. „Von der Versorgung in PIA ausgeschlossen sind demnach künftig Patienten mit beispielsweise mittelschweren Depressionen oder akuten Belastungsstörungen“, sagte Prof. Dr. med. Andreas Spengler, der sich als Psychiater und Psychotherapeut für die Belange der Institutsambulanzen einsetzt. Ebenfalls keinen Anspruch auf eine PIA-Versorgung haben Patienten, die bereits kontinuierlich in psychiatrischer oder psychotherapeutischer Behandlung bei einem Vertragsarzt oder -psychotherapeuten sind oder an einer Soziotherapie teilnehmen.
Erfüllt ein Patient die Zugangsvoraussetzungen, muss der verantwortliche Arzt in der PIA erst nach einem kontinuierlichen Behandlungszeitraum von zwei Jahren erneut überprüfen, ob die PIA-Bedürftigkeit noch besteht, und dies in der Patientenakte vermerken.
„Die Regelungen sind komplizierter und bürokratischer, aber sie sichern eine bedarfsgerechte Versorgung für alle Patienten, die darauf angewiesen sind“, erklärte Spengler und begrüßte, dass die Vereinbarung den Fortbestand der PIA sichere. Allerdings würden durch die neuen Kriterien die Fallzahlen in den Ambulanzen wohl nicht sinken, meinte er. Bislang hätten sie eine Fallzahl von bundesweit circa 750 000 pro Jahr. Das seien jährlich 300 000 Versicherte, die in den ambulanten Einrichtungen versorgt würden. Jetzt käme es darauf an, wie praxistauglich und patientenorientiert die Vertragsergebnisse auf Länderebene ausgestaltet würden.
Die neue Vereinbarung gilt dem GKV-Spitzenverband zufolge nur für PIA an Allgemeinkrankenhäusern mit „selbstständigen, fachärztlich geleiteten psychiatrischen Abteilungen mit regionaler Versorgungsverpflichtung zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung“. Ambulanzen psychiatrischer Fachkliniken bleiben von den neuen Regelungen unberührt.
Franziska Knöppke
Spengler, Andreas