ArchivDeutsches Ärzteblatt30/2010DKG-Konzept zur ambulanten Versorgung: Neue Begehrlichkeiten

SEITE EINS

DKG-Konzept zur ambulanten Versorgung: Neue Begehrlichkeiten

Osterloh, Falk

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS

Nur wenige Wochen ist es her, dass Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler seine Eckpunkte für eine Neuordnung des deutschen Gesundheitswesens vorstellte. Alle müssen sparen, hieß es darin, auch die Krankenhäuser. 500 Millionen Euro sollen im stationären Bereich durch Effizienzabschläge und Wachstumsbegrenzungen aufgebracht werden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sprach sogar von zu erwartenden Ausfällen von zwei Milliarden Euro, von einem enttäuschenden „Rückfall in die Kürzungspolitik für Krankenhäuser“ und „einer völlig inakzeptablen Kostendämpfung auf Vorrat“, obwohl die Krankenhäuser ohnehin der „anerkanntermaßen höchst belastete Bereich des Gesundheitswesens“ seien.

Die DKG sieht die Krankenhäuser auf dem direkten Weg in eine existenzbedrohende Notlage, verweist auf Tarifverträge, Investitionsstau und nun noch auf die voraussichtlichen Einnahmeausfälle durch die Gesundheitsreform. Fazit: Die Krankenhäuser brauchen Geld – und forcieren nun ihre Bemühungen, in der ambulanten Versorgung Fuß zu fassen. In ihrem Positionspapier zur Reform der ambulanten ärztlichen Versorgung fordert die DKG unter anderem eine stärkere pekuniäre Beteiligung an der ambulanten Grund- und Spezialversorgung sowie am ambulanten Notdienst. Das Problem dabei ist: Wenn die Krankenhäuser das Geld bekommen, fehlt es den Vertragsärzten. Da ist Streit programmiert.

Konkret fordert die DKG in ihrem Konzept unter anderem, die ambulante ärztliche Versorgung in zwei Bereiche zu gliedern: die haus- und fachärztliche Grundversorgung auf der einen und die spezialärztliche Versorgung, insbesondere nach § 116 b SGB V, auf der anderen Seite. Für die Grundversorgung wünscht sich die DKG eine offensive Einbeziehung der Krankenhäuser in die ambulante Versorgung in unterversorgten Gebieten und – man höre und staune – eine Einbeziehung des Verbandes in den für die vertragsärztliche Versorgung zuständigen Bewertungsausschuss. Hochspezialisierte ambulante Leistungen sollen künftig sowohl Krankenhäuser als auch besonders qualifizierte Vertragsärzte erbringen können. Die Vergütung soll dabei „einheitlich und unmittelbar“ durch die Kostenträger auf der Basis einer Euro-Gebührenordnung erfolgen, die von einem „eigenständigen Bewertungsausschuss unter Beteiligung der DKG“ festgelegt werden soll. Wie und ob die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) dabei mit einbezogen werden sollen, geht aus dem Konzept nicht hervor.

Falk Osterloh, Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik in Berlin
Falk Osterloh, Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik in Berlin

Auch in der ambulanten Notfallversorgung wünscht sich die DKG grundsätzliche Veränderungen. So soll die ambulante Notfallversorgung künftig sektorenübergreifend erfolgen und von regionalen Notfallverbünden organisiert werden. Die Notfallleistungen sollen „im Wege der Direktabrechnung mit den Kostenträgern“ erfolgen und als Euro-Gebührenordnung gemeinsam mit den Kassen festgelegt werden. Auch hier ist von den KVen nicht die Rede.

Mit ihren Forderungen versucht die DKG, die Tür zur ambulanten Versorgung weiter aufzustoßen. Die Folgen wären voraussichtlich neue Streitigkeiten um die Vergütung – dann auch zwischen den Sektoren. Den Krankenhäusern würde dies möglicherweise etwas nützen. Dem Klima im deutschen Gesundheitswesen sicher nicht.

Falk Osterloh
Redakteur für Gesundheits- und Sozialpolitik in Berlin

Kommentare

Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote