

In Hessen und Bayern haben sich die Ärzte gegen die Einführung der Ambulanten Kodierrichtlinien ausgesprochen. Sie seien unpraktikabel und zu bürokratisch.
Die Vertreterversammlung (VV) der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen hat sich Ende August gegen die Einführung der Ambulanten Kodierrichtlinien (AKR) ausgesprochen. Das Regelwerk sei weder im haus- noch im fachärztlichen Alltag praktikabel und verursache nur noch mehr Bürokratie, hieß es zur Begründung. Die hessischen Vertragsärzte bezogen sich dabei auf Erfahrungen aus Bayern. Dort hatte die VV bereits Mitte Juli beschlossen, die AKR in Hausarztpraxen so lange auszusetzen, bis das hausärztliche Leistungsspektrum angemessen und unbürokratisch abgebildet werden könne.
Erste Signale nicht ermutigend
Die Beschlüsse der Vertreterversammlungen in Hessen und Bayern sind insofern heikel, als der Gesetzgeber in § 295 Sozialgesetzbuch V die Diagnoseverschlüsselung nach der ICD-10 bei der Abrechnung von Leistungen zulasten der gesetzlichen Krankenkassen vorschreibt – und zwar sowohl im Kollektivvertrag als auch in Selektivverträgen. Das Gesetz verpflichtete die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und die Krankenkassen ursprünglich dazu, bereits bis zum 30. Juni 2009 Kodierrichtlinien zu vereinbaren, die eine möglichst einheitliche und korrekte Diagnoseverschlüsselung ermöglichen. Den Selbstverwaltungspartnern gelang es jedoch nicht, diese Frist einzuhalten – unter anderem, weil sich das Abstimmungsverfahren mit den KVen und den ärztlichen Berufsverbänden aufwendig gestaltete. Rund 200 Stellungnahmen mussten nach Angaben der KBV bei der Erarbeitung der AKR berücksichtigt werden. Erst im März konnte das Regelwerk endgültig beschlossen werden, vom 1. Januar 2011 an muss es in allen Praxen angewendet werden.
Seit 1. Juli werden die Kodierrichtlinien in Bayern auf ihre Alltagstauglichkeit überprüft. An dem Praxistest beteiligen sich 100 niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie Vertragspsychotherapeuten. Zwar gibt es noch keine offizielle Auswertung. „Die ersten Erfahrungen sind aber nicht sehr ermutigend“, erklärte der Vorstandsvorsitzende der KV Bayerns, Dr. med. Axel Munte. Aus Gesprächen mit Ärzten aus den Testpraxen habe er erfahren, dass es Probleme mit der Integration der Kodierrichtlinien in die Praxissoftware gebe. Sie werde zudem von den Herstellern unterschiedlich umgesetzt und sei teilweise wenig benutzerfreundlich.
Munte räumte ein, dass die Diagnoseverschlüsselung vor allem den Hausärzten Probleme bereite: „Der Hausarzt muss über das gesamte Leistungsspektrum kodieren. Er muss praktisch von allen Fachrichtungen die wichtigsten Diagnosen finden können. Das ist extrem schwierig.“
Die KBV sieht das ähnlich. Die Hausärzte kodierten viele Diagnosen über ein breites Krankheitsspektrum. Fachärzte hingegen kodierten ein eher schmales Spektrum, dieses aber dafür sehr detailliert. Dabei ist die Diskussion darüber, ob sich die ICD-10 grundsätzlich als Instrument der Diagnoseverschlüsselung für Hausärzte eigne, nicht neu. Um hier eine Lösung zu finden, hat das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung, das KBV und KVen gemeinsam finanzieren, eine Expertengruppe ins Leben gerufen, der auch Vertreter des Hausärzteverbandes angehören. Bis zum 1. Januar 2011 wird aber kaum mit Ergebnissen zu rechnen sein.
Heike Korzilius
Popert, Uwe