MEDIZIN: Originalarbeit
Antibiotikaresistenz
Präventionsmaßnahmen deutscher Krankenhäuser bei MRSA: Ergebnisse einer Umfrage unter 134 Krankenhäusern im Rahmen des MRSA-KISS-Moduls
Antibiotics: MRSA Prevention Measures in German Hospitals—Results of a Survey Among Hospitals, Performed as Part of the MRSA-KISS Module
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Hintergrund: Die vorliegende Arbeit geht der Frage nach, welche Maßnahmen deutsche Krankenhäuser einsetzen, um einer Infektion mit Methicillin-resistenten Staphylococcus-aureus-Stämmen (MRSA) vorzubeugen. Dazu wurden Krankenhäuser untersucht, die am Modul MRSA-KISS (KISS = Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System) teilnehmen.
Methoden: An alle MRSA-KISS-Teilnehmer wurde ein Fragebogen versendet. Zur Validierung der Antworten besuchte eine Studienärztin eine repräsentative Auswahl von Krankenhäusern. Zusammen mit der Ansprechperson des jeweiligen Krankenhauses wurden in einem systematischen Interview vor Ort die Angaben in den Fragebögen überprüft und mit Hilfe der an diesem Tag anwesenden MRSA-Patienten in einer Punkt-Prävalenz-Studie (PPS) evaluiert.
Ergebnisse: Alle 134 Teilnehmer haben den Fragebogen beantwortet. Ein Screening von Risikopatienten bei stationärer Aufnahme ist in allen befragten Krankenhäusern genauso routinemäßig etabliert wie auch Maßnahmen zur MRSA-Dekolonisation. Neben diesen vom Robert Koch-Institut (RKI) empfohlenen Vorkehrungen zur Prävention werden in den befragten Krankenhäusern weitere Strategien eingesetzt wie zum Beispiel ein Warnsystem zur Identifikation ehemals positiver (bekannter) MRSA-Patienten bei stationärer Wiederaufnahme (72 %), ein prästationäres Screening aller Patienten (13 %), ein generelles Aufnahmescreening auf bestimmten Stationen (19 %) sowie die prophylaktische Isolierung von Patienten bis zum Vorliegen eines mikrobiologischen Testergebnisses (21 %). 35 Krankenhäuser wurden für die Validierung der Antworten zu den Fragebögen besucht. Die meisten Antworten stimmten sehr gut mit der Realität vor Ort überein. Weniger gut stimmten die Angaben bei Fragen zur Entdeckung von MRSA durch klinische Untersuchungen und zu weiterführenden Maßnahmen überein.
Schlussfolgerung: Die befragten Krankenhäuser setzen viele der Empfehlungen des RKI um und haben zum Teil darüber hinaus noch weitere Präventionsmaßnahmen etabliert.


Zurzeit wird in den Medien sehr viel über das Thema Krankenhaushygiene diskutiert. Häufig wird hierbei auf die Richtlinie des Robert Koch-Instituts (RKI) verwiesen und gesagt, dass diese Empfehlungen nicht umgesetzt würden. Mit diesem Artikel wollen die Autoren zeigen, wie es nun mit dieser Umsetzung im Bereich der Infektionsprävention in den Krankenhäusern, die am MRSA-KISS-Modul teilnehmen, in Deutschland aussieht.
Wegen der zunehmenden Bedeutung von Antibiotikaresistenzen ist es seit 2001 laut §23 des Infektionsschutzgesetzes medizinischen Einrichtungen vorgeschrieben, Erreger mit speziellen Resistenzen und Multiresistenzen zu erfassen (1). In Deutschland zeigte sich insbesondere im Hinblick auf Methicillin-resistente Staphylococcus-aureus-Stämme (MRSA) von 1999 bis 2005 ein signifikanter Anstieg des MRSA-Anteils aus Staphylococcus-aureus-Blutkulturisolaten von 9,4 % auf 19,5 %. Dieser Anteil stieg bis 2005 weiter auf 21,4 % an und lag im Jahr 2008 wieder bei 19,5 % (2).
Aufgrund der anhaltenden Probleme mit Methicillin-resistenten Staphylococcus-aureus-Stämmen in Krankenhäusern bietet das Nationale Referenzzentrum für Surveillance von nosokomialen Infektionen (NRZ) seit 2003 das Modul MRSA-KISS (Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System) an. Damit sollen alle Krankenhäuser die Möglichkeit erhalten, ihre eigenen Surveillance-Ergebnisse mit denen anderer Krankenhäuser zu vergleichen, und in der Folge dazu angeregt werden, zusätzliche MRSA-Präventionsmaßnahmen zu implementieren (www.nrz-hygiene.de/surveillance/kiss/mrsa-kiss/).
Die Anmeldungen zu diesem Surveillance Modul nehmen von Jahr zu Jahr zu und umfassen aktuell bereits 300 Krankenhäuser (Stand: März 2010) (3). Mit diesem Modul steht den Einrichtungen eine Erfassungsmethode zur Verfügung, die die MRSA-Last für das gesamte Krankenhaus berücksichtigt und den Umgang mit MRSA-Patienten unter dieser Last beschreibt (4).
Ziel dieser Untersuchung war es, mit Hilfe eines Fragebogens bei MRSA-KISS-Teilnehmern zu eruieren, welche Infektionspräventionsmaßnahmen in den Krankenhäusern eingesetzt werden.
Methode
Zu diesem Zweck wurde ein standardisierter Fragebogen entwickelt, der auf der Basis der Empfehlungen des Robert Koch-Instituts alle empfohlenen Maßnahmen (Stand 2007) sowie zusätzlich mögliche weitere Maßnahmen abfragt (5). Darüber hinaus wurden Daten erhoben zur Strukturqualität (strukturelle Voraussetzungen aus personeller, räumlicher und organisatorischer Sicht), zu den Screening- und Isolierungsmaßnahmen sowie zu Dekolonisationen.
Der Fragebogen wurde in einem internetbasierten Umfragewerkzeug (Online-Survey-Tool) erzeugt. Im Februar 2007 haben alle 134 MRSA-KISS-Teilnehmer, die zum damaligen Zeitpunkt auch ihre Daten an das NRZ geliefert hatten, eine Einladung erhalten, bei dieser Umfrage mitzuwirken.
Zur Überprüfung der Antworten wurden nach einem Zufallsprinzip 35 Krankenhäuser ermittelt, die für die Validierung vor Ort aufgesucht wurden. Dabei wurde nach Krankenhausgröße (Bettenanzahl) und Region stratifiziert. Zur Validierung wurde der Fragebogen von der Studienärztin und der Ansprechperson des jeweiligen Krankenhauses systematisch in einem Interview vor Ort überprüft und anhand der an diesem Tag anwesenden MRSA-Patienten mittels einer Punkt-Prävalenz-Studie evaluiert.
Für die deskriptive Statistik wurden absolute und relative Häufigkeiten berechnet. Ferner wurden der Median und der gepoolte arithmetische Mittelwert bestimmt, denn bei klinischen Untersuchungen, die in mehreren Einrichtungen durchgeführt werden, ist neben den Mittelwerten der einzelnen auch der Mittelwert über alle Kliniken interessant. Darüber hinaus wurden die Quartilen Q1 (25. Perzentil) und Q3 (75. Perzentil) ermittelt.
Ergebnisse
Von 134 angeschriebenen MRSA-KISS-Teilnehmern haben alle (100 %) den Fragebogen ausgefüllt. Die teilnehmenden Krankenhäuser sind über das gesamte Bundesgebiet verteilt. In Tabelle 1 (gif ppt) sind die Strukturparameter der Krankenhäuser dargestellt, die MRSA-Raten sind in Tabelle 2 (gif ppt) aufgeführt.
In den Tabellen 3a (gif ppt) und 3b (gif ppt) sind sämtliche Fragen mit den dazugehörigen Antworten zu verschiedenen Präventionsmaßnahmen aufgelistet.
Die Ergebnisse der Validierung vor Ort in den 35 stichprobenweise und zufällig ausgewählten Krankenhäusern sind in Tabelle 4 (gif ppt) zu finden.
Die Antworten auf die meisten Fragen (11 von 13) stimmten sehr gut mit der Realität vor Ort überein (90 % bis 100 %). Auch in der Validierung stimmten die Angaben auf dem Fragebogen gut mit der Realität vor Ort überein und man kann davon ausgehen, dass die Antworten aller Teilnehmer repräsentativ für diese Gruppe sind.
Die gute Übereinstimmung wird auch durch die Punkt-Prävalenz-Studie belegt (Tabelle 5 gif ppt). Aus den 35 aufgesuchten Krankenhäusern konnten aus 30 Häusern insgesamt 148 MRSA-Patienten systematisch erfasst werden, die an dem Besuchstag der Studienärztin stationär betreut wurden. Damit wurden im Durchschnitt 4 MRSA-Patienten pro Krankenhaus angetroffen.
Entsprechend den Empfehlungen des Robert Koch-Instituts sollen in Deutschland MRSA-Patienten nach Möglichkeit in Einzelzimmern isoliert oder mit anderen MRSA-Patienten in Mehrbettzimmern kohortiert werden (5). Bei direktem Kontakt des medizinischen Personals mit dem MRSA-Patienten sollen Schutzkittel, Handschuhe und ein chirurgischer Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Die Hände müssen vor dem Betreten und auch nach dem Verlassen des Isolationszimmers mit einem alkoholischen Präparat desinfiziert werden.
Weitere Möglichkeiten, um MRSA in Krankenhäusern einzudämmen und zu kontrollieren, sind Sanierungsmaßnahmen beim MRSA-Patienten. Dazu zählen etwa die Behandlung mit topisch anzuwendenden Antibiotika wie zum Beispiel Mupirocin für die Applikation in beide Nasenvorhöfe (dreimal täglich über mindestens drei Tage) und die Waschung des Patienten mit antiseptisch wirksamen Seifenlösungen.
Hier zeigte die Befragung der Krankenhäuser, dass viele dieser Empfehlungen umgesetzt werden. Dies bestätigte auch die Punkt-Prävalenz-Untersuchung.
Im Klinikalltag wird nur eine geringe Anzahl an MRSA-Patienten erkannt, weil meist nur wegen klinischer Indikation – das heißt, bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion – mikrobiologische Untersuchungen durchgeführt werden (6). Wie viele klinisch inapparente MRSA-Kolonisationen tatsächlich das Reservoir für mögliche nosokomiale Weiterverbreitungen darstellen, ist bisher nicht bekannt.
Um MRSA-Transmissionen zu verhindern, ist es notwendig, diese Reservoirs zu erkennen, damit Präventionsmaßnahmen wie etwa die Kontaktisolation des Patienten und gegebenenfalls notwendige Sanierungsmaßnahmen schnellstmöglich eingeleitet werden können. Dies kann durch sogenannte Screening-Untersuchungen erfolgen. Darunter versteht man Abstrichproben an den Prädilektionsstellen (Nasenvorhöfe, Rachen und gegebenenfalls Wunden), die durchgeführt werden, um kolonisierte Patienten zu identifizieren. Meistens werden bestimmte Patientengruppen als mögliches Reservoir angesehen. Daher wurden die Empfehlungen durch die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am RKI von 1999 in einem Kommentar zur Auswahl von Risikopatienten zum Screening im Jahr 2004 erweitert (7). Zu diesen Risikogruppen gehören unter anderem Patienten mit:
- bekannter MRSA Anamnese
- Kontakt zu anderen MRSA-Patienten
- chronischer Pflegebedürftigkeit
- Dialysebedarf
- chronischen Wunden
- liegenden Kathetern
- Brandverletzungen.
Auch hier ergaben die Antworten auf die Frage nach einem routinemäßigen Screening entsprechend dieser RKI-Empfehlungen, dass dies weitestgehend in allen teilnehmenden Häusern umgesetzt wird.
Neben der Umsetzung dieser Empfehlungen wird bereits von mehr als 80 % der befragten Krankenhäuser ein zusätzliches Screening – etwa generell bei Stationsaufnahme – durchgeführt. Über 25 % der Krankenhäuser haben weitere Modi etabliert wie ein wöchentliches Screening oder die Verlagerung von Patienten in die Ambulanz oder zum Hausarzt. Fast 20 % der Häuser haben inzwischen ein generelles Aufnahmescreening zumindest auf Intensivstationen und sogar auf weiteren Stationen etabliert. Um frühzeitig zu erkennen, ob es sich um einen MRSA-Patienten handelt, haben sich auch schnelle Diagnoseverfahren bewährt, wie zum Beispiel Polymerasekettenreaktion (PCR) – ein Verfahren, das bei einem guten Drittel (36 %) der befragten Krankenhäuser eingesetzt wird.
Mit welchem mikrobiologischen Verfahren ein MRSA beim Aufnahmescreening diagnostiziert wird, hängt nicht allein von der Methode ab, sondern auch davon, ob sich das Labor im eigenen Haus befindet oder die Proben an ein externes Labor versendet werden müssen. Nur 35 % der befragten Krankenhäuser können auf ein hauseigenes mikrobiologisches Labor zugreifen und lediglich 36 % führten 2007 ein Schnellverfahren wie die PCR durch. Für ein externes Labor ist es durch die Transportwege in der Regel schwerer, ein Ergebnis nach spätestens 2 bis 5 Stunden vorzulegen.
Das Identifizieren von MRSA-Patienten durch ein Aufnahmescreening ist nur ein Teil von weiteren Präventionsmaßnahmen. Ein anderer Teil ist die vorsorgliche Isolierung von Risikopatienten und zwar solange, bis das mikrobiologische Ergebnis vorliegt – ähnlich wie es in den Niederlanden mit der sogenannten „search and destroy“-Methode erfolgt (www.wip.nl/UK/contentbrowser/onderwerpsort.asp). Diese Maßnahme und abgestufte Varianten davon setzen bereits mehr als 60 % der befragten Krankenhäuser ein.
Um MRSA-Patienten schnell zu erkennen, ist neben dem Aufnahmescreening auch ein Warn- oder „Alert“-System wichtig, das ehemalige MRSA-Patienten bei der stationären Wiederaufnahme identifiziert. Bei den befragten Krankenhäusern ist ein solches Wiedererkennungssystem noch nicht selbstverständlich, so dass fast ein Drittel (28 %) der Häuser hier noch ein Verbesserungspotenzial haben.
Eine weitere wichtige Maßnahme zur Verringerung des Selektionsdrucks ist der verantwortungsvolle Umgang mit Antibiotika, das sogenannte „antibiotic stewardship“. Hierzu ist eine ausreichende Ausbildung beziehungsweise Fortbildung zur Antibiotikaverschreibung wichtig und zur Überprüfung des Umgangs mit der Antibiotikagabe ist eine Surveillance des -verbrauchs sehr dienlich. Bei weniger als der Hälfte der Befragten (44 %) wird der Antibiotikaverbrauch regelmäßig erfasst und an die jeweiligen Stationen rückgemeldet, so dass hier noch ein großes Verbesserungspotenzial besteht. Die Kontrolle und Rückmeldung des Antibiotikaverbrauchs ist auch ein Teilziel, das in der vom Bundesministerium für Gesundheit initiierten Deutschen Antibiotika Resistenz Strategie (DART) verfolgt wird, um das Hauptziel – die Reduzierung und Verminderung der Ausbreitung von Antibiotika-Resistenzen in Deutschland – erreichen zu können (www.bmg.bund.de/).
Diskussion
Wie gut Empfehlungen zur Prävention von MRSA umgesetzt werden, haben bisher nur wenige Autoren untersucht (8, 9). In diesen beiden Studien wurde ebenfalls mit Hilfe von Fragebögen die Umsetzung eruiert. Dabei konnte gezeigt werden, dass Programme zum verantwortungsvollen Umgang mit der Antibiotikatherapie verbesserungsbedürftig sind, was auch die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung belegen. Der Umgang mit MRSA-Patienten wurde allerdings in diesen beiden Studien nicht vor Ort validiert, was eine wesentliche Limitation bei der Auswertung von Fragebögen darstellt. Daher haben die Autoren der vorliegenden Studie die Angaben in einer Punkt-Prävalenz-Untersuchung vor Ort überprüft. Hierbei zeigte sich, dass 85 % der MRSA-Patienten isoliert beziehungsweise kohortiert waren – dies entsprach den gemachten Angaben im Fragebogen mit 82,1 % sehr gut. Allerdings waren bei 9,5 % der Patienten gar keine Maßnahmen eingeführt, was zuvor aber nur von 1,5 % der Krankenhäuser angegeben worden war. Wenn man vom schlechtesten Fall ausgeht, dann kann man hier die 16,4 %, die die Krankenhäuser bei dem Punkt „Isolierung wenn möglich“ im Fragebogen genannt haben, als Anteil an nichtisolierten Patienten mitberücksichtigen. Damit geben 18 % der Krankenhäuser an, nicht zu isolieren, was in der Realität vor Ort beim Besuch jedoch nur zur Hälfte zutraf. Bemerkenswerter ist die Angabe von 13,4 % der Befragten, dass ein MRSA-Patient nicht aufgenommen wird, wenn eine Isolierung nicht möglich ist. Das wirft die Frage auf, ob hier eine schlechtere Versorgung des Patienten vorliegt oder ob der Patient davor bewahrt wird (10). Auf jeden Fall ist hier eine offene und aufklärende Kommunikation zwischen den verschiedenen Bereichen (ambulant, stationär, Rehabilitation) notwendig, die mit Hilfe der inzwischen etablierten regionalen MRSA-Netzwerke stattfinden soll.
Nur 4,3 % bekannte MRSA-Patienten wurden durch ein Warnsystem erkannt. Das lässt die Frage aufkommen, ob dieses Warnsystem nicht ausreichend genutzt wird oder gar nicht vorhanden ist. Zweifellos weist diese geringe Zahl, wie bereits erwähnt, noch Verbesserungspotenzial auf.
Eine große Diskrepanz zu den gemachten Angaben wird bei der Art der MRSA-Entdeckung ersichtlich. In den Fragebögen wurde von den Krankenhäusern nur in 15,7 % angegeben, gar kein Screening durchzuführen. In der Realität wurden immerhin 31,1 % der MRSA-Patienten erst durch klinische Untersuchungen entdeckt. Hier stellt sich die Frage, ob ein etabliertes Aufnahmescreening nicht ausreichend implementiert ist oder ob die Compliance nicht genügt. Ebenso kann dieses Ergebnis ein Hinweis auf nosokomiale Fälle sein. Um dies zu klären sind weiterführende Untersuchungen notwendig, um Assoziationen zwischen nosokomialen Fällen und einzelnen Infektionspräventionsmaßnahmen zu analysieren.
Bei all diesen erwähnten Abweichungen darf nicht vergessen werden, dass die Limitation einer Punkt-Prävalenz-Untersuchung darin besteht, dass nur ein kurzer zeitlicher Ausschnitt betrachtet wird. Eine Untersuchung an einem anderen Tag kann das Ergebnis bereits anders aussehen lassen. Daher wären mehrere Punkt-Prävalenz-Untersuchungen zu verschiedenen Zeitpunkten sinnvoll, die erst dann in der Gesamtbetrachtung einen annähernd realistischen Eindruck vermitteln können.
Die Resonanz auf diesen Fragebogen war mit einer 100-prozentigen Compliance bei der Beantwortung beeindruckend hoch und zeigt das Interesse an der Thematik. Hierin besteht auch eine Limitation dieser Untersuchung: Es wurden nur MRSA-KISS-Teilnehmer für die Befragung ausgewählt. Bei diesen Krankenhäusern handelt es sich um engagierte Teilnehmer, die allein schon durch ihre Teilnahme am MRSA-KISS-Modul dem Thema MRSA und somit dem Umgang mit MRSA-Patienten eine besondere Aufmerksamkeit widmen. Inwieweit diese Erhebung auf alle deutschen Krankenhäuser zutrifft, kann nur in folgenden Untersuchungen geklärt werden. Eine weitere Limitation ist die fehlende Beobachtung der Compliance der Händehygiene.
Resümee
Für Deutschland liegen mit dieser Untersuchung erstmals Daten vor, die einen Einblick in die Umsetzung der empfohlenen Präventionsmaßnahmen geben. Als Fazit lässt sich feststellen, dass die befragten Krankenhäuser viele der RKI-Empfehlungen umsetzen und zum Teil darüber hinaus noch weitere Präventionsmaßnahmen etabliert haben. Die Isolierung beziehungsweise Kohortierung der MRSA-Patienten erfolgt nach dieser Untersuchung zumindest nicht zu 100 %. Welche Faktoren hierfür eine Rolle spielen, und welche Auswirkungen damit verbunden sind, können nur weitere Untersuchungen zeigen.
Da die MRSA-Inzidenz weiterhin auf einem hohen Niveau ist, müssen zusätzliche Präventionsmaßnahmen regelmäßig eingesetzt werden. In diesem Zusammenhang hat die hohe Compliance zur Händedesinfektion einen erheblichen Stellenwert. Die Händedesinfektion muss auch dann konsequent angewendet werden, wenn nicht bekannt ist, ob ein Patient mit MRSA kolonisiert ist. Daher haben sich bereits viele Kampagnen in verschiedenen Ländern der Verbesserung dieser Compliance gewidmet. Auch in Deutschland gibt es eine solche Kampagne. Die „Aktion Saubere Hände“ wurde Anfang 2008 unter der Schirmherrschaft des Bundesministeriums für Gesundheit ins Leben gerufen, mit einer Laufzeit von drei Jahren. Sie leistet einen essenziellen Beitrag im multimodalen Ansatz bei der Infektionsprävention und der Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen (11–13).
Die eingangs erwähnten Diskussionen in den Medien haben eines gezeigt: Im Sinne der Patientensicherheit muss ein adäquates Verständnis für die relevanten Infektionswege und die korrekten hygienischen Maßnahmen im medizinischen Alltag vorhanden sein. Das kann nur durch eine fundierte studentische Ausbildung auf dem Gebiet der Infektionsprävention gewährleistet werden sowie durch das lebenslange Lernen aller Mitarbeiter im Gesundheitswesen im Hinblick auf die besten Präventionsmaßnahmen. Zur Vermittlung dieses Wissens werden ausreichend Fachexperten benötigt.
Danksagung
Diese Studie ist im Rahmen der Förderinitiative zur Versorgungsforschung von der Bundesärztekammer finanziell gefördert worden. Die Autoren danken allen Kliniken für die Teilnahme an der Befragung und der Validierung vor Ort.
Interessenkonflikt
Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 18. 1. 2010, revidierte Fassung angenommen: 9. 8. 2010
Anschrift für die Verfasser
PD Dr. med. Iris F. Chaberny
Arbeitsbereich Krankenhaushygiene
Medizinische Hochschule Hannover
Carl-Neuberg-Straße 1
30625 Hannover
Summary
Antibiotics: MRSA Prevention Measures in German Hospitals—Results of a Survey Among Hospitals, Performed as Part of the MRSA-KISS Module
Background: In this study, we investigated the measures currently being taken in German hospitals to prevent infection with methicillin-resistant strains of Staphylococcus aureus (MRSA). To this end, we circulated a questionnaire among hospitals participating in the MRSA-KISS module. “KISS” in the name of this project stands for “hospital infection surveillance system” (in German, Krankenhaus-Infektions-Surveillance-System).
Methods: The questionnaire was sent to all MRSA-KISS participants. A study doctor visited a representative sample of hospitals to validate the responses. The study doctor checked the questionnaire responses with a systematic on-site interview of the contact person in each hospital, then evaluated the information contained in them by recording all of the MRSA patients who were present in the hospital on the day of the visit in a point-prevalence study (PPS).
Results: All 134 participants filled out the questionnaire. The screening of patients at risk on admission is an established part of the clinical routine in all of the surveyed hospitals, as are MRSA decolonization procedures. These preventive measures have been recommended for routine use in Germany by the Robert Koch Institute (RKI, the German counterpart of the Centers for Disease Control and Prevention). The surveyed hospitals also used further preventive strategies, including, for example, an alerting system for the identification, upon hospital admission, of patients with a known history of MRSA positivity (72%); pre-admission screening of all patients (13%); universal screening on admission in some hospital wards (19%); and the prophylactic isolation of patients suspected of having MRSA with pending microbiological test results (21%). 35 hospitals were visited for validation. Most of the responses in each hospital were internally consistent and adequately reflected the real situation on site. Less consistency was seen in responses regarding the detection of MRSA by clinical testing and the measures that were taken after MRSA was detected.
Conclusion: The surveyed hospitals are, in fact, implementing many of the RKI’s recommendations, as well as other preventive measures against MRSA.
Zitierweise: Dtsch Arztebl Int 2010; 107(37): 631–7
DOI: 10.3238/arztebl.2010.0631
@The English version of this article is available online:
www.aerzteblatt-international.de
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