ArchivDeutsches Ärzteblatt38/2010Akupunktur: Ethisch vertretbar?
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Bravo Kollege Lehmann, zu diesem hervorragenden Artikel darf ich Sie und das DÄ beglückwünschen.

Als junger Frauenarzt, vor der Niederlassung stehend, habe ich auch für teures Geld ein Akupunkturdiplom erworben. Keiner der Ausbilder war in der Lage, mit chinesischen Quellen umzugehen. Es wurde unkritisch als Wahrheit dargestellt, was von anderen abgeschrieben wurde. Ein nachprüfbares Konzept wurde nicht präsentiert. Dass wir es gewohnt waren, (hoch-) schulmedizinische Konzepte zu hinterfragen und uns mit deren Wirksamkeit kritisch auseinanderzusetzen, sollte nicht mehr gelten. Teilweise wurden eigene erfundene abstruse europäische Abwandlungen (Laserakupunktur, Farbpunktur etc.) als bewiesen dargestellt. Studien zur Wirksamkeit hielten bei kritischer Hinterfragung der Wirklichkeit nicht stand oder waren „geschönt“. Was ist eigentlich aus der Auswertung der GERAG-Studien geworden? Sie werden ignoriert. Ungeachtet dessen ist die Nachfrage nicht zuletzt aufgrund der werbenden Anpreisung aus eigenen Reihen ungebrochen. Es wäre schön, wenn wir uns als Ärzte mit einer fundierten klinischen Ausbildung und Kenntnissen bei der Durchführung von Studien mit „alternativen“ Verfahren genauso kritisch und intensiv auseinandersetzen würden, wie mit der Wirksamkeit von Pharmaka oder der Notwendigkeit operativer und therapeutischer Verfahren der „Schulmedizin“. Dem stehen nicht zuletzt erhebliche pekuniäre und teils weltanschauliche Gründe entgegen. Primum nil nocere trifft zwar meist für diese Verfahren zu; die Frage bleibt aber, ob es für die Ärzteschaft ethisch vertretbar ist, für nutzlose Verfahren Geld zu verlangen und falsche therapeutische Hoffnungen zu wecken.

Dr. Gunther Alex, 76669 Bad Schönborn

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