ArchivDeutsches Ärzteblatt39/2010Filmkalender: Im Kino andere Welten entdecken

KULTUR

Filmkalender: Im Kino andere Welten entdecken

Schuchart, Sabine

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Begegnungen mit dem Tod: als mystische Erfahrung, als Suizid, im Krieg – das Deutsche Ärzteblatt stellt alle vier Wochen eine Auswahl sehenswerter Neustarts vor.

Drama

Ab 30. September:

Foto: Movienet
Foto: Movienet

Uncle Boonmee erinnert sich . . .

Der 1970 in Bangkok geborene Filmemacher Apichatpong Weerasethakul holte die erste Goldene Palme (Cannes 2010) für sein Heimatland – mit einem hochimaginativen, assoziativen Kunstkino voller Anspielungen auf die thailändische Mythologie. Der Glaube an die Seelenwanderung zwischen Menschen, Tieren, Pflanzen und Geistern ist hier verbreitet. Weerasethakul vermittelt diese animistische Perspektive anhand des schwer kranken Onkel Boonmee, der spürt, dass er bald sterben wird und seine letzten Tage am Rand eines von Geistern bewohnten Waldes verbringt. Ein verlorener Sohn erscheint als Affengeist, seine tote Frau pflegt ihn. Das Seltsame, das Abgründige, das Wundervolle lassen uns westliche Vernunftmenschen staunen, aber auch rätseln.

Spanien/Thail./Deutschl. 2010, 113 Min.

Ab 7. Oktober:

The Social Network

Ein Ruhmesdenkmal für Facebook ist der Film nicht geworden. Aber dafür umso spannender. Denn er deckt vor allem die dunklen Seiten der Erfolgsstory der zwei Harvard-Studenten Mark Zuckerberg (Jesse Eisenberg) und Sean Parker (dargestellt von Popstar Justin Timberlake) auf, die 2004 das Internetkommunikationsforum gründeten. Vor allem Mark Zuckerberg, der heute – mit 26 Jahren – Milliardär ist, erscheint als skrupelloser Egoist, der sich die Ideen seiner Mitstudenten aneignete.

USA 2010, 121 Min.

Ab 14. Oktober:

Lebanon

Erster Libanonkrieg im Juni 1982: Eine Gruppe blutjunger Soldaten in einem Panzer durchsucht eine feindliche Stadt, die von der israelischen Luftwaffe bombardiert wurde. Die Mission gerät außer Kontrolle und wird zur tödlichen Falle. Der israelische Regisseur Samuel Maoz wählte eine außergewöhnliche, den Zuschauer extrem packende Perspektive: 99 Prozent der 24 Stunden umfassenden Handlung spielen im Inneren des dunklen Stahlungetüms. Die meisterhafte Tragödie wurde 2009 in Venedig mit dem Goldenen Löwen prämiert.

Deutschl./Israel 2009, 92 Min. (FSK: 12)

Ab 21. Oktober:

Wall Street – Geld schläft nicht

Wallstreet 2 spielt 20 Jahre nach dem ersten Film: Gordon Gekko (Michael Douglas) wird nach 20-jähriger Haft aus dem Gefängnis entlassen und muss feststellen, dass er kein „Player“ mehr ist in der Welt, die er einst dominierte. Um die kaputte Beziehung zu seiner Tochter Winnie (hochbegabt: Carey Mulligan) zu kitten, verbündet er sich mit deren Verlobten Jacob (Shia LaBeouf), einem idealistischen Investmentbanker. Dass der Film eher um familiäre Beziehungen kreist, macht ihn leider handzahmer als das Original von 1987. Dennoch: Sehenswert.

USA 2010, 130 Min.

Komödie

Ab 7. Oktober:

Fünf Tage ohne Nora

Seit 20 Jahren sind Nora und José geschieden, doch noch immer verbindet sie eine Hassliebe. Und so ist es auch José, der Nora nach ihrem 15. Suizidversuch tot auffindet. Aber wie sich herausstellt, hat die Exfrau ihren Abgang sorgfältigst geplant. Von der jüdischen Beerdigung bis hin zum Leichenschmaus steht die Abwesende stets im Mittelpunkt der Geschehnisse. Und dann entdeckt José unter dem Bett auch noch ein Foto, das Nora mit einem anderen Mann zeigt. Um nicht weniger als um Tod, Ehe, Glauben und Liebe geht es in dem humorvollen Spielfilmdebüt von Mariana Chenillo.

Mexiko 2008, 92 Min.

Dokumentation

Ab 7. Oktober:

Schattenzeit

Prädikat „besonders wertvoll“. Zwei Jahre lang folgte Gregor Theus mit der Kamera drei schwer depressiven Patienten: Olaf, Mona und Maria haben jeden Lebensmut verloren. Da sie suizidgefährdet sind, suchen sie Hilfe in der psychiatrischen Klinik der Berliner Charité. Einfühlsam begleitet sie der Film.

Deutschl. 2009, 60 Min.

Sabine Schuchart

DVD-Tipp

Sterben und Tod im Wandel der Zeit

Foto: Komplett-Media
Foto: Komplett-Media

Um damit fertig zu werden, dass unser Leben endlich ist, benötigen wir Orte der Erinnerung und des Gedenkens. Die Dokumentation unternimmt eine Zeitreise durch die Jahrhunderte und führt anhand berühmter Friedhöfe in Europa vor, wie in der jeweiligen Epoche das Verhältnis der Menschen zu Tod und Jenseits aussah. In der Antike zum Beispiel schufen die Römer monumentale Erinnerungsstätten. Erst die Christen begannen, ihre Verstorbenen unter der Erde zu bestatten. Das Mittelalter war bestimmt von einer furchtbaren Angst vor dem Sterben und dem Jüngsten Gericht. In der Barockzeit wiederum hatten die Menschen eine sehr vertraute Beziehung zum Tod. Heute, wo wir in Altenheimen und Krankenhäusern sterben, haben wir das Thema weitgehend aus dem Bewusstsein verdrängt.

„Die Geschichte des Todes“, 105 Min., FSK: 12, Komplett-Media; ca. 20 Euro; Erscheinungstermin: 19. August. Bezug über Internet, Buch oder Fachhandel

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