MEDIZINREPORT
Jahrestagung der ASCO in Chicago: Neue Option für Erstlinientherapie


Eine neue Generation von Tyrosinkinaseinhibitoren wird bei Patienten mit schwierig zu behandelnden Malignomen wie den gastrointestinalen Stromatumoren untersucht. Ziel ist es, das häufige Problem der Resistenzentwicklung zu überwinden.
Die Behandlung mit dem Tyrosinkinaseinhibitor (TKI) Imatinib ist Standard bei Patienten mit unresektablen gastrointestinalen Stromatumoren (GIST). Meist kommt es allerdings irgendwann unter Imatinib zu einer Progression. Ein geringer Prozentsatz von Patienten ist auch intolerant, oder die Tumoren sind primär resistent gegen Imatinib. Der Zweitgenerations-TKI Nilotinib hemmt KIT-, PDGF- und BCR-ABL-Kinasen und konnte sich bereits als wirksame Option bei der Behandlung von GIST-Patienten nach Progression unter Imatinib beweisen. Nilotinib hat erwiesenermaßen bei der chronischen myeloischen Leukämie (CML) eine bessere Wirksamkeit und eine höhere molekulare Ansprechrate als Imatinib (1) und sogar eine Wirksamkeit in der Blastenkrise der CML (2). Die Substanz ist damit auf dem besten Weg, bei der CML zum Standard in der Erstlinientherapie zu werden. Da lag es nahe zu prüfen, ob Nilotinib auch bei Patienten mit GIST als Erstlinientherapie eingesetzt werden kann.
Verzögerte Progression bei vier von zehn GIST-Tumoren
Während des amerikanischen Krebskongresses wurden nun zu diesem Thema zwei Studien vorgestellt: In einer einarmigen Phase-II-Studie (3) wurden Patienten mit neu diagnostiziertem fortgeschrittenem GIST und Patienten mit rezidivierenden GIST nach adjuvanter Imatinib-Therapie mit Nilotonib (zweimal täglich 400 mg) behandelt.
Mit einem akzeptablen Sicherheitsprofil, einem partiellen Ansprechen von 42,9 Prozent und einer Stabilisierung der Erkrankung von 42,9 Prozent zeigte sich ein vielversprechender klinischer Benefit. Bemerkenswert war auch, dass sowohl Patienten mit KIT- Exon-11-Mutation als auch Patienten mit Wildtyp-GIST auf Nilotinib ansprachen. Patienten mit Wildtyp-GIST sprechen auf Imatinib tendenziell schlechter an als Patienten mit Exon-11-Mutationen. In einer ebenfalls bei der ASCO-Tagung vorgestellten Phase-III-Studie (4) wurde Nilotinib mit einem Kontrollarm aus best supportive care ± Imatinib oder Sunitinib in der Erstlinientherapie bei GIST-Patienten verglichen. Wenn auch bei der präsentierten Interimsanalyse der primäre Endpunkt der Studie, ein verbessertes PFS nicht erreicht wurde, zeigte sich doch ein verbessertes Gesamtüberleben bei Nilotinib-Patienten.
Wie auch in der Phase-II-Studie zeichnet sich offenbar eine Wirksamkeit von Nilotinib in der Erstlinientherapie ab. Kritisch angemerkt wurde beim Kongress zur aktuellen Phase-III-Untersuchung: Die stark und unterschiedlich vorbehandelte Studienpopulation sei sehr inhomogen, besonders im Kontrollarm.
Deshalb, lautet das Fazit der Diskussion, sollten weitere Studien mit homogeneren Patientenpopulationen folgen, um zu prüfen, ob sich der Trend zum besseren Überleben unter Nilotinib bestätigen lasse. Außerdem sollten Subgruppenanalysen erfolgen, um zu erforschen, bei welchen KIT-Mutationen Nilotinib besonders gut wirke. Denn aus der Phase-II-Studie gab es einen Hinweis darauf, dass im Vergleich zu Imatinib bei Nilotinib eine umfassendere Anwendung im Hinblick auf die Mutationstypen angemessen sein könnte.
Eine Phase-III-Studie hat gezeigt, dass ein Hinzufügen von Cetuximab zur adjuvanten Standardchemotherapie bei Patienten mit Darmkrebs im Stadium III und normaler KRAS-Aktivität deren Leben nicht verlängert. Die Studie wurde aufgrund dieser Resultate vorzeitig abgebrochen.
Negatives Ergebnis einer Darmkrebsstudie überraschte
Die Daten überraschten. Denn frühere Studien hatten ergeben, dass die Cetuximab-Kombination das Überleben von Patienten mit metastasierten Darmtumoren, die einen normalen KRAS-Status hatten, verlängerte. „Das ist ein enttäuschendes Ergebnis“, kommentierte der Autor der Studie, Dr. Steven Alberts (Rochester, USA). In der randomisierten Phase-III-Studie wurden krankheitsfreies und Gesamtüberleben bei Patienten im Stadium III mit normalem KRAS, die entweder mit FOLFOX (858 Patienten) oder mit FOLFOX plus Cetuximab (902 Patienten) behandelt worden waren, verglichen. Bei der geplanten Interimsanalyse nach 50 Prozent Vorfällen stellten die Forscher fest, dass die Patienten keinen Vorteil von Cetuximab hatten. Das krankheitsfreie Überleben war fast gleich in den beiden Gruppen (74,1 Prozent im FOLFOX-Arm versus 73,3 Prozent im FOLFOX- plus-Cetuximab-Arm). Im FOLFOX-Arm ohne Cetuximab ergab sich sogar ein etwas besseres Gesamtüberleben als im Cetuximab-Arm. Moderate und schwere Nebenwirkungen waren signifikant häufiger im Cetuximab-Arm, und weniger Patienten in dieser Gruppe hatten deswegen überhaupt alle der geplanten Therapiekurse wahrnehmen können. Aufgrund dieser Interimsanalyse wurde deshalb die Studie geschlossen.
Dr. rer. nat. Annette Junker
@Literatur im Internet:
www.aerzteblatt.de/lit4110
Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.