POLITIK
Hautkrebsfrüherkennung: Regelmäßige Online-Fortbildung bringt gute Ergebnisse
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Hausärzte sind für das flächendeckende Hautkrebsscreening wichtig. Die Primärversorger können hierbei von einer kontinuierlichen Fortbildung erheblich profitieren.
Hauttumoren sind die häufigste Krebserkrankung in Deutschland. Jährlich erkranken bundesweit circa 115 000 Menschen neu an Hautkrebs. Davon entfallen etwa 15 000 auf maligne Melanome und 100 000 auf nichtmelanozytäre Formen des Hautkrebses, insbesondere Basalzellkarzinome und Plattenepithelkarzinome. Bei bis heute etwa gleichbleibender Mortalität des malignen Melanoms hat sich die altersstandardisierte Inzidenz von 1980 bis 2004 bei Männern verdoppelt und bei Frauen nahezu verdreifacht.
Um Hauttumoren in prognostisch günstigen Stadien zu entdecken, gehört die Hautkrebs-Früherkennungsuntersuchung seit 1. Juli 2008 zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Sie ist durch Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses im gesetzlichen Krebsfrüherkennungsprogramm verankert. Gesetzlich versicherte Patienten ab 35 Jahre können die Hautkrebsvorsorge alle zwei Jahre in Anspruch nehmen. 2009 haben etwa 2,6 Millionen Männer und circa 3,5 Millionen Frauen zwischen 35 und 74 Jahren teilgenommen. Das ist eine Teilnahmerate von rund 30 Prozent. Sie soll in den kommenden Jahren deutlich gesteigert werden.
Um ein flächendeckendes wohnortnahes Screening auch in ländlichen Versorgungsgebieten zu ermöglichen, können neben Dermatologen auch Hausärzte die Genehmigung zur Durchführung der Untersuchung erhalten. Sie übernehmen die Funktion der ersten Anlaufstelle (erste Stufe) und überweisen zur Abklärung auffälliger Befunde an den Dermatologen (zweite Stufe). Die Berechtigung zur Durchführung der Screeninguntersuchung erhalten Hausärzte und Dermatologen durch die Teilnahme an einer eintägigen Fortbildung, deren Umfang durch die Krebsfrüherkennungs-Richtlinie geregelt wird.
Zur Sicherstellung einer flächendeckenden Umsetzung des Hautkrebsscreenings (HKS) haben alle Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) ihren Mitgliedern 2008 und 2009 zertifizierte Fortbildungsangebote vermittelt. Die meisten Fortbildungsangebote basierten auf einem Fortbildungsprogramm der „Kommission Hautkrebsscreening Deutschland“.1 Zur Erfolgskontrolle wurden die Teilnehmer der Fortbildung gebeten, vor und nach der Fortbildung einen Test mit 26 Fragen auszufüllen. Die Testergebnisse aus 15 KVen wurden vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) auf Stichprobenbasis ausgewertet, und zwar insgesamt etwa 1 000 Bogenpaare (Hausärzte: 896; Dermatologen: 100). Die Teilnehmer zeigten nach der Fortbildung über alle drei Fragenkategorien (Screening im Allgemeinen; Hautkrebs und Hautkrebsscreening; Blickdiagnostik) signifikante Verbesserungen (Hausärzte 11,9 Prozentpunkte; Dermatologen 7,3 Prozentpunkte).
Hervorzuheben sind die Ergebnisse der Blickdiagnostik. Die Teilnehmer mussten für zwölf farbige Bilder von Hautveränderungen, die jeweils 15 Sekunden lang gezeigt wurden, unter fünf möglichen Diagnosen die richtige bestimmen. Besonderes Augenmerk wurde auf die häufigsten Hautkrebsformen und deren Differenzialdiagnosen gelegt. Dermatologen erreichten im Vorher-Test 86,8 Prozent und verbesserten sich im Nachher-Test um fünf Prozentpunkte (p = 0,001) auf 91,8 Prozent. Demgenüber erkannten 64,2 Prozent der Hausärzte im Vorher-Test die zutreffende Diagnose, im Nachher-Test stieg der Anteil um 12,2 Prozentpunkte auf 76,4 Prozent (p < 0,000).
Um mehr als 20 Prozentpunkte verbesserten sich Hausärzte bei der Diagnose chronisch UV-geschädigter Haut, des malignen Melanoms und des spinozellulären Karzinoms. Eine relativ hohe Streubreite richtiger Antworten blieb bestehen. Über alle zwölf Diagnostikfragen bewegte sich der Anteil richtiger Antworten zwischen 51 Prozent (Basalzellkarzinom) und 98 Prozent (multiple Naevi). Die falschnegativen Antworten, die vermutlich nicht zur Veranlassung der notwendigen Abklärung geführt hätten, sowie die falschpositiven Diagnosen, die unnötige weitere Maßnahmen nach sich gezogen hätten, bewegen sich im Nachher-Test zwischen elf und 29 Prozent.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Zielgenauigkeit des Hautkrebsscreenings durch geeignete Fortbildungen unterstützt werden kann. Um die im HKS-Programm tatsächlich erreichte Diagnosesicherheit zu analysieren, sind jedoch weitere Studien erforderlich. Vorbehaltlich entsprechender Evaluationsergebnisse des HKS-Programms lässt die Auswertung der Vorher-/Nachher-Tests aber erkennen, dass eine Verbesserung des Programms durch wiederholte Fortbildungen im Bereich der Blickdiagnostik insbesondere für Hausärzte zu erwarten wäre. Ein solches Fortbildungsangebot sollte leicht erreichbar sein, unmittelbares Feedback beinhalten und als cme-Fortbildung anerkannt sein. Diese Ziele wären mit einem Online-Fortbildungsangebot kurzfristig realisierbar.
Dr. Dominik von Stillfried, Marc Fischer
Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland
@Langfassung im Internet:
www.aerzteblatt.de/101958
1Breitbart WE, Altdorf S, Capellaro M, Greiner F, Greinert R, Katalinic A, Krüger S, Schwarz C, Sturm D, Volkmer B, Zulla H: Kommision Hautkrebsscreening Deutschland; Fortbildungsprogramm Hautkrebsscreening – Begleitbuch für Ärzte. Deutscher Ärzte-Verlag 2008 (Kommission Hautkrebsscreening Deutschland: Deutsche Dermatologische Gesellschaft [DDG], Berufsverband der Deutschen Dermatologen [BvDD], Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie [ADO], Deutsche Gesellschaft für Dermatochirurgie [DGDC], Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Histologie [ADH], Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention [ADP])
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