THEMEN DER ZEIT
Aggressives Verhalten bei Kindern: Frühzeitige Intervention abstimmen
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Nur die Kooperation von Kinder- und Jugendärzten mit Kindergärten, Schulen und Jugendhilfeeinrichtungen verhindert eine frühe Verstärkung aggressiven Verhaltens.
Die Prävention von aggressivem Verhalten bei Kindern und Jugendlichen sollte als ein dringliches gesellschaftliches Anliegen betrachtet werden, da es sich um ein häufiges Problem handelt, bereits junge Kinder betrifft und mit hohen individuellen und ökonomischen Kosten verbunden ist. Zudem ist es leichter, die Entstehung einer psychischen Störung zu verhüten, als eine bereits verfestigte Symptomatik zu behandeln. Kinder und Jugendliche, die sich bereits in Kindergarten und Schule wiederholt aggressiv auffällig verhalten, weisen ein erhöhtes Risiko für spätere Gewalttätigkeit, Schulabbruch, Delinquenz, Substanzmissbrauch oder Depression auf. Die Opfer haben einen erheblichen Leidensdruck und oft schwere psychosoziale Beeinträchtigungen.
Mittlerweile gibt es eine Reihe von Programmen zur Aggressionsprävention bei Kindern und Jugendlichen; die Mehrheit zielt auf die Förderung der sozialen und emotionalen Kompetenzen ab. Studien zeigen, dass Maßnahmen mit kognitiv-behavioral ausgerichteten Inhalten eine zufriedenstellende bis gute Wirksamkeit aufweisen. Prävention ist besonders erfolgreich, wenn frühzeitig personen- und kontextzentrierte Maßnahmen kombiniert werden und kontextzentrierte Maßnahmen auf mehreren Ebenen (Elternhaus, Schule, Nachbarschaft) stattfinden. Erheblichen Einfluss auf den Erfolg von Prävention hat auch die Berücksichtigung vorliegender Entwicklungsmodelle, die die Entstehung und den Verlauf aggressiven Verhaltens anhand verschiedener altersspezifischer Risiko- und Schutzfaktoren erklären.
Rechtzeitiges Eingreifen
Ein Beispiel für einen solchen Ansatz ist das Bremer Präventionsforum (www.zrf.uni-bremen.de/zkpr/BPF/index.html), in dem aktuell vier Programme für alle Altersbereiche zwischen Kindergartenalter und Adoleszenz vorliegen. Während frühe Interventionsprogramme als universelle (kindzentrierte) Prävention durchgeführt werden, kann das Training mit Jugendlichen als therapeutische Maßnahme im Bereich der Jugendpsychiatrie oder als schulbasierte Maßnahme im Sinne einer selektiven Prävention in Haupt-, Real- oder Förderschulen eingesetzt werden. Positive Effekte zeigen sich vor allem in der Reduktion emotionaler Probleme, dem Abbau von Verhaltensproblemen und aggressiv-hyperaktivem Verhalten sowie in Verbesserungen der Kooperationsbereitschaft und Empathie.
Allerdings reichen kurzfristige Interventionsprogramme nicht. Die Prävention aggressiven Verhaltens ist eine mittel- bis längerfristige Aufgabe, die eine stärkere Unterstützung durch die Medien und die Gesellschaft benötigt. Die Umsetzung solcher Maßnahmen ist an entsprechende Netzwerke und Kooperationen gebunden. Hier ist ein Umdenken in der Früherkennung, Prävention und Frühbehandlung dringend notwendig: Nur eine enge Kooperation von Kinder- und Jugendärzten mit Kindergärten, Schulen, Beratungsstellen und Jugendhilfeeinrichtungen verhindert eine frühe Verstärkung aggressiven Verhaltens und vermeidet eine graduelle Akkumulation von Risikofaktoren. Die frühzeitige Identifizierung von hochgefährdeten Kindern sollte der Ausgangspunkt für weitere intensive diagnostische und spezifische therapeutische Interventionen durch klinische Kinderpsychologen und Kinder- und Jugendpsychiater sein, um die zu erwartenden langfristigen negativen Auswirkungen zu minimieren.
Prof. Dr. phil. Franz Petermann
Zentrum für Klinische Psychologie und Rehabilitation der Universität Bremen
E-Mail: fpeterm@uni-bremen.de
Prof. Dr. med. Gerd Lehmkuhl
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und
Jugendalters der Universität zu Köln
E-Mail: gerd.lehmkuhl@uk-koeln.de
Grossekemper, Jutta; Kellnhofer, Heribert
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