ArchivDeutsches Ärzteblatt44/2010Placebo: Der Arzt als Droge
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. . . Obwohl noch vor knapp zehn Jahren ein Artikel im DÄ (13/2001) von Georg Ivanovas sehr kontroverse Reaktionen hervorgerufen hat, haben sich die Erkenntnisse der Placeboforschung soweit bestätigt, dass sie in der jetzigen Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der BÄK als Eckpunkte der Ärzteschaft unterbreitet werden, um „auf die Bedeutung des Placeboeffektes in der alltäglichen Praxis aufmerksam zu machen“. Prof. Jütte macht zu Recht deutlich, dass genügend Vertrauen vonseiten des Patienten, Empathie vonseiten des Arztes und das therapeutische Setting einen höheren Gesamteffekt haben als die Evidenz der eingesetzten Maßnahme. Der Arzt an der Basis kann dieses therapeutische Setting aber nur schaffen, wenn er für die dafür aufgewendete Zeit auch bezahlt wird. Ein grundlegender Ansatz zur Kosteneinsparung im Gesundheitswesen sollte daher an der Basis bei den Hausärzten als primäre Anlaufstelle für Patienten ansetzen. Hier wird der Grundstein für eine Patientenkarriere und eine spätere Kostenkaskade gelegt, die aber letztendlich heutzutage in einer Medienwelt und bei freier Arztwahl nur dann aufgehalten werden kann, wenn alle an der Patientenkarriere beteiligten Ärzte sich die Erkenntnisse der Placeboforschung zu eigen machen und für ihren Zeitaufwand auch bezahlt werden. Die Evidenz des eingesetzten Therapeutikums steht dabei laut Prof. Jütte zunächst an untergeordneter Stelle. Die Streichung der jetzt schon zuwendungsorientierten Medizin, wie zum Beispiel der Homöopathie (ein Promille gleich 26 Millionen von 28 Milliarden), aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen, wie Herr Lauterbach es fordert, wäre daher kontraproduktiv. Der Arzt als Droge muss evidenzbasierter werden!

Dr. med. Anja Frenzen, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Medizinische Fakultät,
06112 Halle (Saale)

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