ArchivDeutsches Ärzteblatt46/2010Leichenschau: Vier Forderungen an die Politik
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Die Einschätzung zweier namhafter Ordinarien für Rechtsmedizin kann ich aus der täglichen Praxis nur bestätigen.

Eine Reform unseres Leichenschauwesens ist dringend erforderlich, dies aus zwei Gründen:

1. Der Gedanke, dass in unserem Rechtsstaat geschätzt etwa alle acht Stunden ein Tötungsdelikt geschieht, das nicht aufgeklärt und somit auch nicht gesühnt wird, ist unerträglich.

2. Sämtliche Projekte und Kalkulationen privater wie gesetzlicher Kranken- und Rentenversicherer basieren auf den wachsweichen Daten einer völlig unzuverlässig gewordenen Todesursachenstatistik mit der Konsequenz erheblicher volkswirtschaftlicher Schäden.

Hieraus ergeben sich folgende Forderungen an die Politik:

1. Jeder Sterbefall ist einer zweiten Leichenschau zu unterziehen.

2. Diese Leichenschau muss durch einen amtlich bestellten Arzt durchgeführt werden, der idealerweise entweder Arzt für Pathologie oder Rechtsmedizin ist oder zumindest eine sechsmonatige Ausbildung an einem Institut für Rechtsmedizin absolviert hat.

3. Der amtlich bestellte Leichenschauarzt sollte mit Befugnissen, wie zum Beispiel der Anordnung von Verwaltungsobduktionen, ausgestattet werden, in Anlehnung an das vorbildliche österreichische Obduktionsgesetz, das sich seit Kaiserin Maria Theresia bewährt.

4. Zur Sicherung der notwendigen personellen Ressourcen sind die für die Leichenschau maßgeblichen Gebührenordnungen dahingehend zu überarbeiten, dass eine adäquate Vergütung stattfinden kann.

Die Umsetzung dieser Forderungen käme einem Idealzustand nahe, der bekanntlich im Zwist der Lobbyisten und Kostenträger selten erreicht wird. Dennoch ist jeder Schritt in diese Richtung notwendig, weil längst überfällig.

Dr. med. Thomas Heisig, Institut für Pathologie, 66386 St. Ingbert

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