ArchivDeutsches Ärzteblatt50/2010Technologien: Schwer umsetzbar
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Wenn Herr Prof. Taupitz schreibt, dass „die Unterlassung einer medizinisch gebotenen Befunderhebung einen Behandlungsfehler darstellt“ und dass der „Arzt, solange die Diagnose nicht gesichert ist, weitere verfügbare Erkenntnisquellen nutzen muss“, ist dies aus Sicht eines Juristen eine erstrebenswerte und notwendige Forderung, um eine maximal sichere Befunderhebung durchführen zu können. Aus Sicht eines niedergelassenen Arztes, dem für GKV-Patienten im Zeitalter von RLV und QZV ein überschaubarer finanzieller Rahmen zur Verfügung steht, ist diese Forderung nur sehr schwer umsetzbar. Die geforderten Qualitätssicherungsmaßnahmen sind natürlich sinnvoll, aber die dadurch entstehenden Kosten übertreffen in vielen Fällen die dadurch generierten Einnahmen. Wenn hohe Qualität gefordert wird, muss diese entsprechend auch honoriert werden. Es ist Fakt, dass in einem Arzthaftungsprozess ein medizinischer Sachverständiger entscheidet, ob der betroffene Arzt rechtens gehandelt hat beziehungsweise entscheidet, was medizinisch geboten ist. Der Sachverständige ist in seiner Entscheidungsfindung nicht wie ein niedergelassener Arzt im GKV-Bereich an das Wirtschaftlichkeitsgebot gebunden. Ich vermisse vonseiten des Gesetzgebers eine Klarstellung, wie eine „medizinisch gebotene Befunderhebung“ einschließlich ausführlicher Patientengespräche mit der Realität, das heißt mit einer adäquaten Vergütung zu vereinbaren ist. Mir ist bewusst, dass man leicht finanzielle Forderungen stellen kann. Ich weiß auch, dass der niedergelassene Arzt Leistungen vergütet bekommt. Aber aus meiner Sicht ist es nicht möglich, in dem jetzigen GKV-System den juristischen Ansprüchen bezüglich Diagnostik und Therapie zu genügen, ohne eine betriebswirtschaftliche Führung der Praxis zu gefährden. Zu diesem Punkt sollten Medizinrechtler auch Stellung beziehen und nicht nur den Idealzustand als Faktum beziehungsweise Forderung im Raum stehen lassen.

Dr. med. Jochen Schiffers, 97209 Veitshöchheim

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