Politik
Transplantationen: Akutes Organspende-Versagen


Es ist eine Show, die an die Nieren geht. Ratlos blickt Lisa in die Kamera. Sie steht im Licht eines grellen Scheinwerfers. Heute Abend soll sie über Leben und Tod entscheiden, live im niederländischen Fernsehen. Die „Grote Donorshow“ heißt das Format der TV-Firma Endemol. Drei Kandidaten konkurrieren um eine Niere der jungen Frau, die selbst todkrank ist. Aber für wen wird sie sich entscheiden? Dann geht plötzlich das Licht an. Alles vorbei, ein Bluff. Lisa ist Schauspielerin, die Kandidaten sind nierenkrank, aber in den Schwindel eingeweiht. Es wird kein Organ verschenkt, das ging selbst Endemol zu weit.
Auch wenn die Show, die im Juni ausgestrahlt wurde, vielfach als geschmacklos bezeichnet worden ist, hat sie in den Niederlanden doch dem Problem des Organmangels ein Gesicht gegeben. Denn dort – wie auch in Deutschland – spielt sich das alltägliche Drama nahezu unbemerkt ab. Die Transplantationsmedizin hat in den vergangenen Jahren unglaubliche Fortschritte gemacht. Aber was nutzt die beste Hightechmedizin, wenn die Organe fehlen? 12 000 Menschen stehen in Deutschland auf der Warteliste. „Es ist frustrierend, die Patienten sterben zu sehen, weil sie kein Organ bekommen“, sagt Prof. Dr. med. Hartmut Schmidt, Transplantationsbeauftragter des Uniklinikums Münster.
Einer von Schmidts Patienten ist Rainer Lappe (50) aus Hörstel. Seit fast einem Jahr wartet er auf ein Organ. Er wirkt relativ gefasst, wenn er von seiner Krankheit erzählt, aber seine Stimme ist leise. Körperlich ist der ohnehin zierliche Mann nicht mehr besonders belastbar. Lappe leidet unter einer primär sklerosierenden Cholangitis (PSC). Die Ursache dieser Erkrankung der Gallenwege ist nicht genau bekannt, aber sie ist häufig mit Colitis ulcerosa assoziiert – auch bei Lappe.
Er habe mit vielen Leuten über Organspende gesprochen und festgestellt: Wer auf eine Leber wartet, ist mit demVorurteil konfrontiert, er habe sich selbst die Gesundheit ruiniert. Wenn er dann von der PSC erzählt, sagen die anderen oft: „Ach, so was gibt es auch?“ Seinen Job als Busfahrer musste Lappe aufgeben. Nun hängt er in der Warteschleife, wie er sagt.
Er ist davon abhängig, dass andere Menschen bereit sind, ihre Organe zu spenden, wenn sie sterben, und das zu Lebzeiten möglichst mit einem Spenderausweis zweifelsfrei dokumentiert haben. Gerne würde Lappe wohl mit den Kandidaten in einer Fernsehshow tauschen, denn dann wäre die Spannung auf einen Abend begrenzt. Wie lange er noch hoffen und warten muss, das weiß niemand. Dr. med. Birgit Hibbeler