BRIEFE
Belegärzte: Es gibt Perspektiven für die Zukunft


. . . Nach Meinung des Autors fristen die Belegärzte ein „kümmerliches Dasein“. Richtig, eine bessere Honorierung wäre durchaus wünschenswert und auch angemessen, insbesondere nach dem noch nicht rechtskräftigen Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 15.12.2010, das in seiner Analyse keinen Eingang gefunden hat. Wenn Belegärzte nach seiner Meinung den „Hungerlohn“ bei einer extrabudgetären Vergütung der belegärztlichen Leistungen mit wenigstens 4,14 Cent durch Punktsteigerungen des EBM-Kapitels 36 nach der Honorarreform 2009 beklagen, wie wäre dann eigentlich die Honorierung mit einem Orientierungswert von 3,50 Cent mit zusätzlichem RLV für alle sonstigen vertragsärztlichen Leistungen einzuordnen? Es wird weiterhin der Eindruck erweckt, als beeinflusst die Krankenhauserlöse die Honorarbasis für die belegärztliche Tätigkeit. Diese Einschätzung ist so grundsätzlich nicht richtig. Tatsache ist vielmehr, dass schon immer das Krankenhaus für die belegärztliche Tätigkeit geringere Erlöse im Vergleich zur Hauptabteilung erzielte, erhält doch bekanntlich der Belegarzt für seine Leistungen seine Vergütung von der jeweiligen KV, die völlig unabhängig von den Krankenhauserlösen durch die Selbstverwaltung festgelegt wird. Dies wird nun in der DRG-Fallpauschalensystematik fortgeschrieben. Herr Dr. Clade schließt sich offensichtlich den Forderungen der von ihm genannten Deutschen Krankenhausgesellschaft, des Berufsverbandes Deutscher Internisten und einzelnen – allerdings nicht näher bezeichneten – Belegarztgruppen an, den nach § 18 Abs. 3 KHEntgG i. V. m. § 121 Abs. 5 SGB V bestehenden 20-prozentigen Abschlag für Honorarverträge zwischen Krankenhaus und Belegarzt abzuschaffen. Unerwähnt lässt er aber dabei, dass sich eine große Mehrheit der Belegärztinnen/-ärzte und der fachärztlichen Berufsverbände seit 2006 regelmäßig gegen eine DRG-basierte Vergütung durch das Krankenhaus ausgesprochen hat. Befürchtet man doch eine vollständige Abhängigkeit vom Krankenhausträger mit Aufgabe der Freiberuflichkeit, möglicherweise noch verstärkt durch „Knebelverträge“. Auch werden weitere Unschärfen und Probleme bei derartigen Honorarverträgen gesehen, zum Beispiel ein einseitiges Wahlrecht des Krankenhausträgers, eine bislang ungeklärte Rückkehrmöglichkeit in das klassische Belegarztsystem, Unklarheiten bei kooperativer Versorgung (zum Beispiel Beleganästhesist, Beleghebamme) und zur Vergütung der vom Belegarzt mit Honorarvertrag veranlassten sonstigen Leistungen. Auch ist eine „Infektionsgefahr“ für stationäre Wahlleistungen im Rahmen der anstehenden GOÄ-Novellierung nicht auszuschließen. Diese prinzipiellen Bedenken vieler Belegärzte gegen die Ausrichtung des belegärztlichen Vergütungssystems auf die rein krankenhaus- beziehungsweise kostenträgerbestimmten DRG-Fallpauschalen vertritt nicht nur der Bundesverband der Belegärzte, sondern werden grundsätzlich auch von der KBV und der BÄK so eingeschätzt. Auch darauf ist Herr Dr. Clade bedauerlicherweise nicht eingegangen. Was hätte im Übrigen ein Krankenhaus ökonomisch davon, wenn es für die belegärztlichen Leistungen eine ungekürzte DRG-Fallpauschale erlösen würde? Würde der Belegarzt dann nämlich tatsächlich daraus angemessen vergütet werden, blieben dem Krankenhaus keine höheren Erlöse als derzeit. Ist aber ein Belegarzt mit seiner derzeitigen Vergütung nicht einverstanden, könnte er bereits jetzt seinen Belegarztstatus aufgeben und einen freien Honorarvertrag mit seinem Krankenhaus abschließen . . .
Ob „das stille Sterben des Belegarztwesens programmiert“ ist, wie Herr Dr. Clade schreibt, dürfte aus Sicht der Bundesregierung eher eine Fehleinschätzung sein, da doch nach ihr das „bestehende Belegarztwesen beibehalten und gestärkt“ werden soll. Aus diesem Grund hat auch die KBV einen ausführlichen Katalog zur Zukunftssicherung des belegärztlichen Versorgungsmodells entwickelt, dem alle fachärztlichen Berufsverbände, mit Ausnahme des Berufsverbandes Deutscher Internisten, zugestimmt haben. Dadurch sollen Fehler des Kapitels 36 behoben werden. Dieser Katalog wird durch die KBV in das Gesetzgebungsverfahren zum GKV-Versorgungsgesetz eingebracht werden. Auch auf diese Zukunftsperspektiven ist Herr Dr. Clade nicht eingegangen. Ein stilles Sterben des klassischen Belegarztwesens könnte allerdings dann programmiert sein, wenn die Belegärzte für ihre Leistungen über Honorarverträge durch das Krankenhaus vergütet werden.
Dr. med. Klaus Schalkhäuser, Vorsitzender des Bundesverbandes der Belegärzte e.V.,
84405 Dorfen