ArchivDeutsches Ärzteblatt11/2011Neurologische Rehabilitation: Digitales Training nach Schlaganfall

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Neurologische Rehabilitation: Digitales Training nach Schlaganfall

Manteuffel, Leonie von

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Ein rechnergestütztes Training für Schlaganfallpatienten haben Ärzte und Therapeuten einer Rehabilitationsklinik mit einem Unternehmen für medizinische Computerspiele entwickelt. Die Methode nutzt die Plastizität des Gehirns, um über kognitive Prozesse funktionsfähige Gehirnzellen anzuregen, Aufgaben geschädigter Areale zu übernehmen.

Im Trainingsprogramm „Senso move“ üben die Patienten typische Alltagsbewegungen der oberen Extremitäten wie Greifen, Drehen oder Halten. Jede Trainingssequenz dauert circa fünf Minuten. Sie zerfällt in vier Schritte:

  • Beobachten einer Handbewegung im Film
  • bewusstes Vorstellen des Bewegungsablaufs
  • Nachahmen mit realen Gegenständen (zum Beispiel Becher, Lappen, Stifte)
  • Pausenminute
Hauptmenü: Für die Therapie können zehn Bewegungsabläufe und weitere Übungsmodi ausgewählt werden. Fotos: Kaasa Health
Hauptmenü: Für die Therapie können zehn Bewegungsabläufe und weitere Übungsmodi ausgewählt werden. Fotos: Kaasa Health

„Durch die Beobachtung werden die motorischen Hirnareale aktiviert“, erläutert Thomas Claus den Ansatz. Er leitet das Therapiezentrum der Rhein-Sieg-Klinik in Nümbrecht, wo die Software in der Neurorehabilitation praktisch erprobt wird. In der zweiten Phase bauen die Patienten mental die Illusion auf, dass sich die gelähmte Hand bewegt. Das unterscheidet die digitale Methode vom Vorgehen der Spiegeltherapie, bei der die gesunde Seite diese Vorstellung über ihr Spiegelbild hervorruft.

Zehn Bewegungsmuster mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad stehen zur Auswahl. Sie reichen von einer Wischbewegung des Arms bis hin zur komplexen Feinmotorik beim Mikadospiel (hier mit Bleistiften, siehe Abbildung). Je nach Zustand des Patienten wird eine Übung ausgewählt und bei einem täglichen Training bis zu fünfmal wiederholt. Das Programm soll später auch zum Eigentraining in der Nachsorge motivieren.

Im ersten Schritt beobachten die Patienten eine Bewegungsfolge, hier Greifen mit höchstem Schwierigkeitsgrad („Sortieren“).
Im ersten Schritt beobachten die Patienten eine Bewegungsfolge, hier Greifen mit höchstem Schwierigkeitsgrad („Sortieren“).

„Voraussetzung ist jedoch, dass die Patienten bereit und in der Lage sind, sich auf die mentale Aufgabe zu konzentrieren“, betont Anne Radermacher, Ergotherapeutin in Nümbrecht. Die kognitiv-mnestischen Funktionen dürften daher nur wenig beeinträchtigt sein, eine hohe Compliance sei wesentlich. Noch befindet sich die Software im Stadium der Entwicklung und Erprobung, wie auch weitere von der Dr.-Becker-Klinikgesellschaft mitentwickelte Verfahren, darunter animierte Gleichgewichtsübungen über eine Spielekonsole und „Camera Games“, die auf die Beweglichkeit des Oberkörpers abzielen. Weitere Informationen sind unter www.kaasahealth.com und www.dbkg.de abrufbar.

Leonie von Manteuffel

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