ArchivDeutsches Ärzteblatt12/2011Schach: Einst spielte er Schach

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Schach: Einst spielte er Schach

Pfleger, Helmut

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Foto: Dagobert Kohlmeyer
Foto: Dagobert Kohlmeyer

Dem Glücklichen schlägt zwar keine Stunde, wohl aber einem Schachfunktionär – irgendwann spielt dieser seine letzte Turnierpartie und widersteht danach auch heftigstem Bitten und Betteln, die Perlen seiner Schachkunst noch einmal unters gemeine Volk zu streuen. Umso mehr ist es natürlich des Chronisten Pflicht, ein Abschiedsgeschenk des der Arena Entrückten der Nachwelt zu erhalten, zu deren Erbauung und Belehrung.

Es gibt die bekannte Karriereleiter „Spieler – Schiedsrichter – Funktionär“, auf der einem nach Meinung Übelwollender der Schachverstand zunehmend abhandenkommt. Andererseits mag so etwas jemand behaupten, der selbst seit langem das harte Turnierbrot scheut und sich stattdessen auf die sichere Warte des Fernsehkommentators oder Schachspaltenschreibers – und sei es gar in einer seriösen wissenschaftlichen Zeitschrift – zurückgezogen hat und dort posthum natürlich alles besser weiß. Doch bevor ich mich im Zwielicht des einen oder anderen verliere . . .

Der Geschäftsführer des Deutschen Schachbunds, Horst Metzing, in Personalunion auch Internationaler Schiedsrichter, ist von Anfang an auch beim Deutschen Ärzteturnier dabei, selbstverständlich auch wieder vom 15. bis 17. April in Bad Neuenahr. Und fühlt sich dort wohler als bei manch anderem Schachturnier, was natürlich für sein kritisches Unterscheidungsvermögen spricht. Außerdem behauptet er, nirgendwo gebe es so wenig Streitfälle wie bei den Ärzten. Sie sehen schon, er weiß sich beliebt zu machen, zumal er sich nicht zu schade ist, post festum die Figuren mit einzupacken: „Das ist einfacher, als sie aufzustellen, da braucht man die Grundstellung nicht zu kennen.“

Nun, in grauer Vorzeit, genauer im Jahre 1973 beim Mannschaftskampf für seinen Verein Berlin-Kreuzberg gegen einen Herrn Johannsen von Zehlendorf, kannte Horst nicht nur die Grundstellung aus dem Effeff, sondern schüttelte als Schwarzer in scheinbar bedrohter Lage eine solch perfide Kombination aus dem Ärmel, dass man gewissermaßen als Pars pro Toto zu jedem Schachfunktionär fortan nur ehrfürchtig emporschauen möchte (übrigens war sogar der leibhaftige Weltmeister Garry Kasparow von Metzings Kombinationskünsten recht angetan, als ich ihm in einem Hamburger Restaurant als Hors d’œuvre diese Stellung zeigte).

Mit welchem Doppelschlag löste Horst Metzing das Dilemma seiner zwei bedrohten Figuren, Dame und Turm, wobei ein Mattmotiv auf der verletzlichen Grundreihe (ohne Luftloch!) des Weißen mit dem Turm b8 als Angreifer eine wesentliche Rolle spielte?

Lösung:

Auf den ersten Schlag, das Damenopfer 1. . . . Dxb1+!, folgte nach 2. Sxb1 der zweite auf dem Fuße 2. . . . La6! Wie Weiß auch spielt, er landet in einem Endspiel mit Qualität und Bauern weniger. Und die Moral von der Geschicht: Cave Funktionäre – zumindest solange sie in statu nascendi sind!

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