

Krankenhäuser, die notwendige Investitionen nicht selbst stemmen können, verlieren den Anschluss. Nach dem Rating-Report 2011 droht zehn Prozent das Aus.
Da sich die Bundesländer weitgehend aus der Investitionsfinanzierung zurückgezogen haben, sind die Krankenhäuser zunehmend gezwungen, Neubau- und Sanierungsmaßnahmen oder auch die Anschaffung neuer technischer Geräte aus Eigenmitteln beziehungsweise über Kredite zu finanzieren. Krankenhäuser, die dies nicht können, sind im System der Diagnosis Related Groups (DRGs) mit seinen fixen Preisen mittelfristig nicht konkurrenzfähig, weil sie ihre Prozesse schlechter optimieren können und ihre Kosten deshalb zu hoch sind. Die Krux ist, dass die Krankenhäuser die Eigenmittel aus den DRG-Erlösen abzweigen müssen. Dies ist wiederum nur möglich, wenn sie die DRG-Leistung möglichst kostengünstig erbringen – was optimale Prozesse und moderne Geräte voraussetzt. Ein Teufelskreis. Und günstige Kredite gibt es von den Banken auch nur, wenn genügend Eigenkapital vorhanden ist.
„Wir beobachten, dass die Schere zwischen den wirtschaftlich starken und den wirtschaftlich schwachen Krankenhäusern immer weiter auseinandergeht“, berichtete denn auch Dr. Sebastian Krolop, einer der Autoren des Krankenhaus-Rating-Reports 2011*, am 12. Mai beim Hauptstadtkongress in Berlin. Derzeit sei nur knapp ein Drittel der Krankenhäuser in hohem Maß investitionsfähig.
Nach Analyse der Wirtschaftsforscher befanden sich 2009 zwölf Prozent der Krankenhäuser im „roten Bereich“ mit erhöhter Insolvenzgefahr, 75 Prozent lagen im grünen Bereich, die restlichen 13 Prozent dazwischen. Damit hat sich die wirtschaftliche Lage gegenüber 2008, als 14 Prozent der Krankenhäuser im roten und 69 Prozent im grünen Bereich waren, verbessert. Studienautor Dr. Boris Augurzky führte dies auf „antizyklische Stabilisierungsmaßnahmen als Folge der Finanzkrise“ zurück. 2009 hatten die Bundesländer erstmals seit 1995 ihre Fördermittel wieder spürbar erhöht. Augurzky: „Damit ist der langfristige Rückgang der Mittel aber nicht durchbrochen.“
Der Studie zeigt, welche Krankenhäuser insolvenzgefährdet sind:
- Öffentlich-rechtliche Krankenhäuser schneiden in der Analyse signifikant schlechter ab als private oder freigemeinnützige. 2009 lagen 21 Prozent der kommunalen Häuser im roten Bereich, wohingegen es bei freigemeinnützigen zehn Prozent und bei privaten vier Prozent waren. Dies trifft jedoch nicht auf ostdeutsche kommunale Krankenhäuser zu, die genauso gut abschneiden wie nichtkommunale. Ein Teil des Unterschieds erkläre sich durch die hohe Belastung mit Altersvorsorgeaufwendungen der westdeutschen kommunalen Krankenhäuser, schreiben die Autoren.
- Kleine Krankenhäuser sind eher von der Insolvenz bedroht als große. Dabei weisen kleine Häuser mit einer hohen Konzentration ihres Leistungsportfolios ein besseres Rating auf als andere kleine.
- Wirtschaftlichkeit, Qualität und Patientenzufriedenheit gehen Hand in Hand: Häuser mit qualitativen Auffälligkeiten weisen ein schlechteres Rating auf als solche ohne Auffälligkeiten, ebenso Häuser mit unzufriedenen Patienten.
- In Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen war die wirtschaftliche Lage der Krankenhäuser 2009 am besten, gefolgt von Nordrhein-Westfalen. Am schwierigsten scheint die Lage in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen, Bremen und Bayern zu sein.
Die Wirtschaftsforscher folgern, dass bis 2020 zehn Prozent der derzeit noch etwa 2 000 Krankenhäuser aus dem Markt ausscheiden könnten. Besonders bedroht seien „kleine, manche ländliche Häuser, solche mit einem bislang hohen Basisfallwert und öffentlich-rechtliche, vor allem in vielen Teilen Bayerns, in Baden-Württemberg, in Südhessen und in Teilen Niedersachsens“. Wegen absehbarer Proteste vor Ort würden aber weder die Kommunal- noch die Landespolitik die „notwendige Marktbereinigung“ unterstützen. Eine wichtige Rolle komme deshalb den Banken zu, weil sie die Investitionsentscheidungen von Krankenhäusern über die Kreditvergabe maßgeblich bestimmten. „Im Sinne der Patienten und Beitragszahler“ plädierte Augurzky dafür, dass die Marktbereinigung mehr über die „gebündelte Nachfrage nach Krankenhausleistungen“ durch die Krankenkassen erfolgen solle (Stichwort: Selektivverträge für elektive Leistungen). „Damit würde man den Bock zum Gärtner machen“, kommentierte Dr. Rudolf Kösters, Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft.
Jens Flintrop
* Der Krankenhaus-Rating-Report 2011 des RWI Essen, der Admed GmbH und des Institute for Healthcare Business GmbH basiert auf einer Stichprobe von 687 Jahresabschlüssen aus dem Jahren 2008 und 366 Jahresabschlüssen aus dem Jahr 2009, die insgesamt 1 035 Krankenhäuser umfassen.