ArchivDeutsches Ärzteblatt3/1998Ständiger Ausschuß der Europäischen Ärzte: Bemühen um mehr europapolitischen Einfluß

THEMEN DER ZEIT: Blick ins Ausland

Ständiger Ausschuß der Europäischen Ärzte: Bemühen um mehr europapolitischen Einfluß

Vonhoff-Winter, Renate

Als E-Mail versenden...
Auf facebook teilen...
Twittern...
Drucken...
LNSLNS Am 28. und 29. November 1997 fand in Athen die letzte Plenarversammlung des Ständigen Ausschusses (CP) unter griechischer Präsidentschaft statt.
Dr. med. Emmanuel Kalokerinos, Präsident des Ständigen Ausschusses der Europäischen Ärzte und der griechischen Ärzteorganisation, zog Bilanz der im CP geleisteten Arbeit der vergangenen drei Jahre und dankte allen Delegationen für die Unterstützung und den Vorsitzenden der Ausschüsse für die geleistete Arbeit. Der Ausschuß unter der Leitung von Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe "Aus-, Weiter-, Fortbildung und Evaluierung" hatte sich beispielsweise vor allem mit Fragen der ärztlichen Aus-, Weiter- und Fortbildung sowie mit der Qualitätssicherung befaßt. Es wurden Bestandsaufnahmen über die Situation in den Mitgliedsländern erstellt. Im Rahmen einer Fragebogenaktion hat der Stellvertretende Ausschußvorsitzende Dr. med. Hans Asbjørn Holm aus Norwegen die Fortbildungssituation in den einzelnen Ländern analysiert. Die zentrale Frage war dabei die Verpflichtung zur Fortbildung, die in den verschiedenen Ländern Europas meist durch berufsrechtliche Regelungen, teilweise unter Einfluß staatlicher Stellen, in unterschiedlicher Intensität durchgesetzt wird. Grundsätzliche Motivationsmuster sind dabei die Rezertifizierung (Frankreich und Niederlande), die Erteilung von Fortbildungsdiplomen und die Gewährung von besserer Bezahlung bei regelmäßiger Fortbildung (Belgien und Norwegen).
Zur Qualitätssicherung wurden die verschiedenen Bereiche der Struktur-, Prozeß- und Ergebnisqualität von den einzelnen Delegationen vorgestellt und diskutiert. Während bei Fragen der Strukturqualität weitgehend Übereinstimmung vorlag, zeigten sich bei der Bewertung von Prozeßqualität, insbesondere aber bei der Ergebnisqualität abweichende Einschätzungen und Aktivitäten der Mitgliedsorganisationen. Selbst bei der Verwendung der Begriffe im Bereich der Qualitätssicherung bestanden erhebliche Unterschiede, so daß dieses Thema auch in den nächsten Jahren weiterverfolgt werden muß.
Der Ausschuß "Systeme der gesundheitlichen Versorgung, der sozialen Sicherheit, der Gesundheitsökonomie und der pharmazeutischen Industrie" unter dem Vorsitz des Präsidenten der schwedischen Ärzteorganisation, Dr. med. Robert Leth, befaßte sich schwerpunktmäßig mit den Komplexen Alternative Medizin, Selbstmedikation, Arzneimittelsubstitution, Klinische Versuche sowie gute pharmazeutische Praxis. Eine Arbeitsgruppe hatte den Auftrag, die Systeme der Haftung der Ärzte für Behandlungsfehler und die Entschädigung der Patienten zu untersuchen, die in den einzelnen Mitgliedsstaaten gelten, um die Frage zu beantworten, ob der Ständige Ausschuß zu einzelnen Aspekten der Arzthaftung einen einheitlichen Standpunkt finden kann. Dieser Standpunkt soll Grundlage für eine Initiative gegenüber der Europäischen Kommission sein, wenn diese die von ihr ursprünglich intendierte Absicht wieder aufgreift, die Haftung für Dienstleistungen zu regeln und hier gegebenenfalls eine Sonderregelung für medizinische Dienstleistungen zu treffen.
Die Arbeitsgruppe ist zu dem Ergebnis gekommen, daß am geeignetsten eine vergleichende Betrachtung der Systeme unter bestimmten Fragestellungen wäre. Die Arbeit wird unter der niederländischen Präsidentschaft fortzusetzen sein. Eine einheitliche Haltung scheint denkbar im Bereich der vorgerichtlichen Schlichtung, der Aufklärung des Patienten sowie in Einzelfällen verschuldensfreier Haftung wie Impfschäden, Arzneimittelschäden und sonstiges.
Mit dem Thema Europäische Gesundheitspolitik haben sich Vertreter aus Dänemark, dem Vereinigten Königreich, Schweden, Belgien und den Niederlanden im Rahmen einer Ad-hoc-Gruppe beschäftigt. Sie haben ein Papier erarbeitet, das der Europäischen Kommission bei der künftigen Ausrichtung der Gesundheitspolitik in der Europäischen Union helfen soll.
Nachdem die Delegationsleiter im Frühjahr letzten Jahres Änderungen der Satzung verabschiedet haben, hat im Oktober der König von Belgien einen Erlaß unterzeichnet, wonach der Ständige Ausschuß nun offiziell den Status einer internationalen Gesellschaft mit Sitz in Brüssel hat.
Bei der letzten Plenarversammlung unter griechischer Präsidentschaft wurde eine interne Verfahrensordnung in Ergänzung zur Geschäftsordnung verabschiedet, wonach die künftige Präsidentschaft der Niederländer mit breiter Unterstützung rechnen kann. Es wurde ein Vorstand geschaffen, der sich aus 16 nationalen Delegationsleitern zusammensetzt, und zusätzlich dazu ein Exekutivausschuß, dem neben dem gewählten Präsidenten vier Vizepräsidenten und ein Schatzmeister angehören. Als Vizepräsidenten wurden gewählt: Dr. med. Pierre Haehnel (Frankreich), Dr. Michele Olivetti (Italien), Dr. med. Jesper Poulsen (Dänemark), Dr. med. Karsten Vilmar (Deutschland) sowie als Schatzmeister Dr. med. Joe Kearns (Großbritannien).
Der Exekutivausschuß wird künftig die Schwerpunkte der Arbeit des CP mitbestimmen. Jeder Vizepräsident soll einen bestimmten Bereich übernehmen, beispielsweise die Kontaktpflege zum Europäischen Parlament. Außerdem wird es Aufgabe der Vizepräsidenten sein, die Ausschußarbeit zu koordinieren. Mit Beginn des neuen Jahres wird Rechtsanwalt Horst Dieter Schirmer den Vorsitz des Ad-hoc-Ausschusses "Juristen" und die Rechtsberatung der Präsidentschaft des CP übernehmen. Bisher hatte der belgische Rechtsanwalt Henry Anrys diese Funktion bekleidet. Er scheidet nach mehr als 30jähriger Tätigkeit aus Altersgründen aus diesem Amt aus.
Die Vorsitzenden der vier Ausschüsse und ihre Stellvertreter wurden ebenfalls für die nächsten zwei Jahre gewählt. Griechenland, Schweden, Norwegen und Belgien haben einen Vorsitz übernommen.
Die künftige niederländische Präsidentschaft hat bereits im Frühjahr 1997 einen Aktionsplan erarbeitet und allen Delegationen zur Stellungnahme übersandt. Zahlreiche Mitgliedsorganisationen haben diesem Wunsch entsprochen. Als Voraussetzung für eine effiziente Diskussion und für unmißverständliche Grundsatzdokumente hat die deutsche Delegation um eine einheitliche Terminologie gebeten. Folgende Themen stehen während der nächsten zwei Jahre auf der Tagesordnung: berufliche Autonomie und Verantwortung, ärztliche Ausbildung und Personalplanung, Qualität der medizinischen Versorgung, Informationsmanagement und Technologie, Gesundheitsversorgung und knappe Ressourcen, ältere Menschen, öffentliche Gesundheit, Umwelt und Arbeitsbedingungen, Tabakerzeugung, Vertrieb und Verbrauch, Arzneimittelbehandlung und ärztliche Ethik.
Renate Vonhoff-Winter

Fachgebiet

Zum Artikel

Der klinische Schnappschuss

Alle Leserbriefe zum Thema

Stellenangebote