

In den letzten Jahren hat die Hornschicht (Stratum corneum) zunehmend an Bedeutung gewonnen, da
ihre Funktion als äußere Grenze des Menschen zur Umwelt erkannt wurde. Die Abwehrmechanismen
(Barrieren) der Haut sind physikalischer (Stratum corneum und Melanin), chemischer (epidermale Lipide und
relevante Enzyme), biologischer (symbiotische Flora) und immunologischer Natur. Vereinfacht besteht das
Stratum corneum aus zwei Komponenten, ähnlich einer Ziegelsteinmauer: aus proteinreichen Hornzellen
(Korneozyten) entsprechend den Ziegelsteinen und einer lipophilen, interzellulären Matrix
(Interzellularsubstanz) analog dem Mörtel. Das Stratum corneum stellt aber nicht nur eine Barriere dar, sondern
übermittelt auch Signale der Außenwelt an das Stratum basale und ermöglicht auf diese Weise die entsprechende
Reaktion der Epidermis auf den jeweiligen Reiz. In einem flachen Epithel, beispielsweise an der Rumpfhaut,
steigen die verhornenden Zellen (Korneozyten) in etwa 14 Tagen bis an die Grenze der Hornschicht empor. In
dieser Zeit unterliegen die Zellen einer genetisch definierten Differenzierung, die mit einer Zellabflachung,
Zellgrößenzunahme, der Expression spezifischer Zellorganellen, einer strukturellen Reorganisation, einer
Spezialisierung des Zellmetabolismus, der Expression spezifischer Rezeptoren und letztlich auch mit einer
Dehydrierung einhergeht. Die Korneozyten der Nagelplatte und Schleimhaut unterliegen den gleichen Gesetzen
wie die in der Epidermis. Physiologische Variationen der Form und Größe der Korneozyten betreffen
Körperregion, Alter und Jahreszeit. Eine gesteigerte Erneuerungsrate der Epidermis (Epidermopoiesis, verkürzte
Transitzeit oder verkürzte Turnoverzeit) und damit beschleunigte Erneuerungsrate der Hornschicht lassen die
Korneozyten kleiner werden, dagegen bewirken hemmende Effekte das Gegenteil. Entzündliche Dermatosen wie
Psoriasis vulgaris, die mit gesteigerter Epidermopoiesis einhergehen, weisen kleinere Korneozyten auf; dagegen
sind diese Korneozyten beim Lichen ruber planus mit verzögerter Zellerneuerungsrate größer. Die Anordnung
der Hornzellen in der Hornschicht bei Säugetieren, aber auch bei Amphibien, kann außerordentlich regelmäßig
sein (Kolumnarstruktur), allerdings können Störungen der Epidermopoiesis die zuvor gleichmäßig angeordnete
Kolumnarstruktur durcheinander bringen. Dicke Hornschichten wie an Handflächen und Fußsohlen zeigen nicht
die geregelte Schichtung, sondern wahllos aufeinandergetürmte Korneozyten. Die Hornzellagen können nicht
unbegrenzt übereinandergetürmt werden, daher müssen die peripher gelegenen Hornzellen von der Haut
abgeschilfert werden. Bei einer gesunden Haut ist dieses Gleichgewicht präzise balanciert. Je nach Körperregion
lösen sich nach etwa 15 bis 20 Zellagen die Korneozyten ab, so daß mehr als zwei Milliarden Zellen innerhalb
eines Tages in die Umgebung gelangen. Korneozyten können auf ihrer Oberfläche Bakterien mitnehmen und
somit zur bakteriellen Kontamination eines Raumes beitragen. Bekannt sind auf diese Weise verschleppte
Staphylococcus-aureus-Keime in Operationssälen. Kenntnisse der Physiologie und Pathophysiologie der
epidermalen Barriere und ihrer Reparaturmechanismen sind für das Verständnis unterschiedlicher
pharmazeutischer Wirkungen, abhängig von Lokalisation der Applikation und Galenik des applizierten
Wirkstoffes, von wesentlicher Bedeutung. Ein großer Anteil der Absorption von Wirkstoffen verläuft über den
Interzellularraum. Hierdurch sind regionale Unterschiede der Freisetzung von Wirkstoffen und deren Wirkung
erklärbar. Auch die Wirkung von Kontaktallergenen kann sich hierdurch unterschiedlich äußern. Hydrophile
Allergene wirken stärker an Körperstellen mit niedrigem Lipidgehalt und führen daher in den betroffenen
Regionen zu einer Entzündung mit erhöhtem transepidermalem Wasserverlust. jne
Plewig G, Jansen T, Schürer NY: Das Stratum corneum. Hautarzt 1997; 48: 510-521.
Dr. med. Thomas Jansen, Dermatologische Klinik und Poliklinik, LudwigMaximilians-Universität, Frauenlobstraße 9-11, 80337 München.
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