BILDUNG
BITKOM-Studie „Jugend 2.0“: Den Schutzbedarf ernst nehmen


Das Internet ist für Jugendliche sehr wichtig und verdrängt weder Freundschaften noch Schule. Viele Heranwachsende wünschen sich mehr Datenschutz und Schutz vor Belästigungen.
Jugendliche sind die am besten vernetzte Altersgruppe: 98 Prozent der Zehn- bis 18-Jährigen nutzen das Internet. Selbst Zehn- bis Zwölfjährige sind zu 96 Prozent online. Dies hat die repräsentative Befragung „Jugend 2.0“ ergeben, die im Auftrag des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) durchgeführt wurde. Befragt wurden mehr als 700 Kinder und Jugendliche.
„Kinder und Jugendliche sollen das Potenzial des Internets voll ausschöpfen können. Dazu brauchen sie entsprechende Fähigkeiten und noch mehr Schutz“, fordert BITKOM-Präsident Prof. Dr. August-Wilhelm Scheer. Zwar überwiegen positive Online-Erfahrungen, doch jeder dritte Jugendliche (34 Prozent) hat auch Negatives erlebt. So wurde jedes sechste Mädchen (16 Prozent) im Internet schon einmal sexuell belästigt. Jungen beklagen immerhin zu drei Prozent sexuelle Belästigungen. Drei Viertel der Teenager (73 Prozent) fordern daher sogar selbst mehr Datenschutz und Schutz vor Belästigungen. BITKOM hat daher zeitgleich mit der Studie Hinweise veröffentlicht, wie Eltern ihre Kinder im Internet sinnvoll begleiten können. Das Internet hat für Jugendliche eine große Bedeutung und verdrängt weder Freundschaften noch Schule. Dies ist ein wichtiges Ergebnis der repräsentativen Erhebung. Danach sind Freunde, Familie und gute Noten wichtiger als das Netz. Für 98 Prozent der Jugendlichen sind ihre Freunde wichtig, 86 Prozent sagen dies auch vom Internetzugang. Die große Mehrheit der Zehn- bis 18-Jährigen verbringt aber mehr Zeit mit Freunden oder Hausaufgaben als im Web. „Die meisten Jugendlichen wissen das Web sinnvoll einzusetzen“, erläuterte Scheer. „Für viele Teenager gibt es im positiven Sinne eine Normalität im Umgang mit dem Netz.“
Das Internet wird in drei Bereichen besonders intensiv genutzt: Zur Suche von Informationen, für Multimedia wie Filme und Musik und zur Kommunikation vor allem mit Freunden (Grafik). Bemerkenswert ist, dass drei Viertel (76 Prozent) der jungen Nutzer Informationen für Schule oder Ausbildung im Netz suchen. 64 Prozent haben nach eigenen Angaben so ihr Wissen verbessert, 38 Prozent ihre Leistungen in Schule oder Ausbildung. Scheer sagt: „Das Web ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Bildungspolitik und sollte in Schulen stärker genutzt werden.“
Fast schon selbstverständlich ist für Teenager die Mitgliedschaft in Internetgemeinschaften. 74 Prozent nutzen die „Communitys“ aktiv, wobei es allerdings Unterschiede nach Altersgruppen gibt: 93 Prozent der 16- bis 18-Jährigen sind in den Netzwerken aktiv, aber nur 42 Prozent der Zehn- bis Zwölfjährigen. SchülerVZ liegt insgesamt vor Facebook. Die Jugendlichen haben in ihrer meistgenutzten Community im Durchschnitt 133 Kontakte, davon 34 „gute Freunde“. Drei von vier Teenagern beschränken die Sichtbarkeit persönlicher Daten auf ihre Freunde; etwa jeder vierte nutzt allerdings die Datenschutz-Möglichkeiten noch nicht ausreichend.
Mädchen kommunizieren intensiver als Jungen. Das gilt nicht nur für Social Communitys, die von 82 Prozent der Mädchen aktiv genutzt werden, gegenüber 64 Prozent bei den Jungen. Ähnlich große Unterschiede gibt es bei anderen Kommunikationskanälen – von Festnetzanrufen über SMS und Chats bis zu Handygesprächen. Nur Sofortnachrichten im Web, sogenannte Instant Messages, werden etwas häufiger von Jungen genutzt.
„Der Schutzbedarf junger Internetnutzer muss ernst genommen und umgesetzt werden“, betont BITKOM-Präsident Scheer. Die IT-Branche unterstütze Initiativen zum Schutz von Jugendlichen wie den Verhaltenskodex Web 2.0 der Freiwilligen Selbstkontrolle Multimedia-Diensteanbieter (FSM). Deutsche Internetfirmen sorgten dafür, dass persönliche Daten von Kindern nur für deren Freunde sichtbar seien. Plattformen wie SchülerVZ bieten auch deutlich sichtbare Beschwerde-Möglichkeiten, falls ein Kind belästigt wird. Auch die Initiative „Watch your Web“, bei der Jugendliche über den Umgang mit persönlichen Daten aufgeklärt werden, wird vom BITKOM unterstützt.
Scheer empfiehlt darüber hinaus, Kinder im Web aktiv zu begleiten. „Wichtig ist, dass Eltern gerade jüngere Kinder bei den ersten Schritten im Internet unterstützen. Sie sollten mit ihren Kindern über die Erfahrungen im Netz sprechen.“ Dadurch könnten Eltern erkennen, ob Kinder zum Beispiel unter Druck gesetzt würden oder zu freizügig mit ihren Daten umgingen. Um jugendgefährdende Inhalte auszusperren, gibt es auch technische Lösungen, wie das kostenfreie Angebot von FragFinn.de. Eltern können ihrem Nachwuchs zudem besonders kindgerechte Webseiten empfehlen. Eltern kümmerten sich zwar um die Internetnutzung ihrer Kinder, aber viele nur oberflächlich. So werden 63 Prozent der Teenager von ihren Eltern gebeten, nicht zu viel Privates preiszugeben. Aber nur jedes vierte Kind hat in seinen Eltern einen Gesprächspartner zu seinen Online-Erfahrungen.
Petra Bühring
@Die Studie und Elternhinweise:
www.aerzteblatt.de/111388