POLITIK: Medizinreport
Magnesium: Wirksamkeit verschiedener Verbindungen


Neben der zum Teil krankheitsbedingten Magnesiumunterversorgung kann eine unzureichende Magnesiumversorgung der Menschen in der industrialisierten Welt angenommen werden, die auf eine reduzierte Verfügbarkeit von Magnesium in den landwirtschaftlich genutzten Böden zurückzuführen ist. Im Durchschnitt fehlen bei einer normalen Mischkost zirka fünf mmol Magnesium/Tag. Biochemisch gesehen wirkt sich die suboptimale Magnesiumversorgung besonders in psychischen und physischen Streßsituationen (Krankheiten, Wachstum, Schwangerschaft, Sport) besonders stark aus.
Durch eine Magnesiumsupplementierung mit natürlichen magnesiumreichen Nahrungsmitteln oder mit pharmazeutischen Magnesiumpräparaten kann ein Magnesiummangel ausgeglichen beziehungsweise verhindert werden. Von der pharmazeutischen Industrie werden derzeit zirka 50 Magnesiumpräparate hergestellt, die sich unter anderem dadurch unterscheiden, daß unterschiedliche Magnesiumverbindungen als Wirkstoff eingesetzt werden.
Das aus Gründen der Elektroneutralität mit Magnesium vergesellschaftete Anion kann anorganischer Natur (Oxid, Chlorid unter anderem) oder organischer Natur (meist im menschlichen Stoffwechsel vorkommende Säuren wie Citrat, Aspartat, Orotat und andere) sein. Hier stellt sich die Frage, ob die verschiedenen Magnesiumverbindungen die gleiche therapeutische Qualität aufweisen oder ob sich die unterschiedlichen physikalischen und chemischen Eigenschaften der verschiedenen Verbindungen auf die biologische Verfügbarkeit für den Menschen auswirken. In der wissenschaftlichen Literatur existieren relativ wenig Informationen über die Bioverfügbarkeit von Magnesium beim Menschen. Die publizierten Daten sind aufgrund unterschiedlicher Testprotokolle nur eingeschränkt vergleichbar. Es kann jedoch festgestellt werden, daß die intestinale Resorption des Magnesiums unabhängig von der verabreichten Verbindung erfolgt. Man kann davon ausgehen, daß alle Magnesiumverbindungen - unabhängig von ihrer galenischen Form - in die Magensäure oder den Dünndarm gelangen und früher oder später ihre Identität - das heißt den Bezug zu dem jeweiligen Anion - verlieren. Dies gilt auch für das als Komplex gebunden geltende Magnesiumorotat; hier konnte der Nachweis geführt werden, daß es im Intestinaltrakt in die einzelnen Ionen zerfällt, die dann getrennt resorbiert werden.
Nach den Grundregeln der Pharmakologie muß neben der Bioverfügbarkeit der Magnesiumpräparate auch ihre Wirksamkeit nachgewiesen werden. Aufgrund der Funktionen von Magnesium in der Zelle sind die Wirkungen einer oralen Magnesiumsupplementierung nicht mit den Wirkungen klassischer pharmazeutischer Präparate vergleichbar. Tatsächlich konnte in einer Vielzahl klinischer Untersuchungen festgestellt werden, daß Magnesiumgaben bei physischem Streß zu einer reduzierten Glukose-, Lactat- und Insulinkonzentration im Serum sowie zu einer verminderten Ausschüttung der Streßhormone Cortisol, Aldosterol und Katecholamin führen. Außerdem führte die Magnesiumgabe zu einem erhöhten Membranschutz der Muskelzellmembran sowie zu einer um etwa zehn Prozent gesteigerten physischen Leistung. Zur Behebung eines Magnesiummangels, ist aufgrund der raschen Ausscheidung des absorbierten Magnesiums über den Urin eine Supplementierungszeit von zwei bis drei Monaten mit 15 bis 20 mmol Magnesium/Tag zu empfehlen.
Anschrift des Autors
Dr. rer. nat. Sieghard W. Golf
Institut für Klinische Chemie
und Pathobiochemie
Justus-Liebig-Universität Gießen
Gaffkystraße 11, 35392 Gießen