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Vom Arztdasein in Amerika

Vom Arztdasein in Amerika

Das Staatsexamen wurde 2007 abgelegt, und nicht nur die Frage der Fachrichtung, sondern auch die des Arbeitsortes musste beantwortet werden. Nachdem das Assistenzarztdasein in Frankreich und Deutschland ausprobiert wurde, ging es nach Minneapolis im Jahr 2009. Es schreibt Dr. Peter Niemann über seine Ausbildung zum Internisten (sowie der Zeit danach) und über die Alltäglichkeiten, aber auch Skurrilität eines Arztlebens in USA.

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Vom Arztdasein in Amerika

Persönliches: Krank ohne Krankenversicherung

Freitag, 29. März 2019

An anderer Stelle hatte ich geschildert, wie ich im Jahr 2019 auf einen Krankenver­sicherungsschutz verzichte. Das sollte mir Geld sparen, denn selbst wenn ich die knapp 250 US-Dollar für eine Privatversicherung monatlich gezahlt hätte, so kommen bei jedem Arzt- und Krankenhausbesuch trotzdem oft drei- oder vierstellige Zusatzbeträge hinzu. So wurde mir im Jahr 2018 ein weiteres Kind geboren, und trotz hervorragendem Kranken­versicherungsschutz kostete mich diese Geburt zusätzlich etwa 5.000 US-Dollar. Sie war übrigens komplikationslos, und dem Sohnemann geht es blendend.

Ich wollte also dieses Jahr klüger sein und entschied mich zwar für einen Krankenver­sicherungsschutz für meine Kinder, aber eben gegen einen für mich. Selten werde ich krank, weiterhin kann ich mich selber therapieren und so hielt ich meinen Schritt für klug. In gewisser Hinsicht wollte ich auch den unter Präsident Trump aufgehobenen Krankenversicherungszwang auf diese Art „feiern“.

Schon im Januar entwickelte ich eine schwere Krankheit, nämlich eine Lungen­entzündung, die erste meines Lebens. Ich habe sie auf dem Ultraschall diagnostiziert und verschrieb mir mein Antibiotikum: Levofloxacin, natürlich mit Probiotika­einnahme. Dann kam Februar und aufgrund einer massiven Kälte- und Schneewelle stürzte ich nicht nur mehrmals, sondern einmal sogar so unglücklich, dass ich mir nicht nur Blutergüsse zuzog, sondern auch den ersten Knochenbruch meines Lebens, den meines kleinen Fingers.

Ich diagnostizierte auch diesen mit meinem Ultraschallgerät, kaufte mir eine Schiene für wenige Dollar und trug diese mehrere Wochen lang – der Finger ist großteils verheilt, schmerzt nur noch wenig und sieht eben so aus, wie ein leicht krummer Finger es tut.

Februar ist zu Ende, doch tatsächlich merke ich, wie ich nun zum ersten Mal beginne, meine eigene Entscheidung kritisch zu überdenken. Ich schreibe oft von der Freiheit des Individuums, wozu auch die Selbstbestimmung des Versicherungsschutzes gehört, erfahre aber am eigenen Leid, dass Zwang zu bestimmten Versicherungen doch auch als zivilisatorischer Fortschritt angesehen werden kann.

Nun gut, aufgrund der Gesetzeslage wird es weitestgehend unmöglich sein, mir eine Krankenversicherung für das Jahr 2019 zu besorgen, und so muss ich darauf hoffen, dass ich gesund bleibe. Aber spätestens ab 2020 werde ich mich voraussichtlich wieder krankenversichern lassen und bin durch meine eigenen Erfahrungen nicht unbedingt klüger, sondern noch offener für staatlichen Zwang gegenüber manchen Eingriffen in meine privaten Freiheiten geworden.

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