Gesundheit
Wer schreitet, lebt länger
Dienstag, 18. August 2020
Schrittzähler sind in den letzten Jahren zum Bestandteil von Smartphones und zuletzt auch von Smartwatches geworden. Ob sie die Träger tatsächlich motivieren, sich mehr zu bewegen, ist zweifelhaft. Wer es allerdings schafft, täglich 8.000 oder sogar 12.000 Schritte zurückzulegen, darf nach einer Studie des US-National Cancer Instituts auf ein längeres Leben hoffen.
Ein Team um Pedro Saint-Maurice hat die Daten des National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) analysiert, die im Auftrag der US-Regierung regelmäßig den Gesundheitszustand der Bevölkerung untersucht. In den Umfragen der Jahre 2003 bis 2006 war eine Stichprobe von 4.840 Teilnehmern gebeten worden, über eine Woche einen Akzelerometer zu tragen.
Die aufgezeichneten Schrittzahlen hat Saint-Maurice jetzt mit der Mortalität der Teilnehmer in Beziehung gesetzt. In den ersten 10 Jahren seit der Untersuchung sind 1.165 der im Mittel 56,8 Jahre alten Teilnehmer gestorben. Die Ursache war laut den Todesbescheinigungen in 406 Fällen eine Herz-Kreislauf-Erkrankung und in 283 Fällen eine Krebserkrankung.
Die Unterschiede in der Mortalität waren krass. Das Sterberisiko lag bei Erwachsenen, die weniger als 4.000 Schritte am Tag zurückgelegt hatten, fast 16-fach höher als bei den Personen, die es auf mehr als 12.000 Schritte am Tag brachten, was einem etwa zweistündigen Spaziergang entspricht. Dies lag allerdings größtenteils daran, dass die weniger aktiven Personen älter waren, einen höheren Body-Mass-Index hatten und häufiger unter chronischen Krankheiten litten.
Dank der Untersuchungen und ausführlichen Befragungen in der NHANES konnte Saint-Maurice eine Reihe solcher Begleitfaktoren in seinen Berechnungen ausschließen. Seine adjustierte Analyse berücksichtigt neben Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit, Bildung, Diät, Rauchstatus, Body-Mass-Index, selbst eingeschätzter Gesundheit, Mobilitätseinschränkungen auch 7 Erkrankungen, die das Sterberisiko erhöhen. Dies waren Diabetes, Schlaganfall, Herzerkrankungen, Herzinsuffizienz, Krebs, chronische Bronchitis und Emphysem.
Auch nach Ausschluss dieser Faktoren war ein signifikanter Einfluss der Schrittzahlen auf das Sterberisiko nachweisbar: Erwachsene Menschen, die in dem Gesundheitssurvey 8.000 Schritte am Tag zurückgelegt hatten, starben in den folgenden 10 Jahren zu 51 % seltener als solche, die es nur auf 4.000 Schritte am Tag gebracht hatten.
Die adjustierte Hazard Ratio von 0,49 war mit einem 95-%-Konfidenzintervall von 0,44 bis 0,55 hoch signifikant. Bei einer Schrittzahl von 12.000 am Tag war das Sterberisiko sogar um 65 % vermindert: adjustierte Hazard Ratio 0,35 (0,28 bis 0,45). Die Vorteile waren für jüngere und ältere Erwachsene gleichermaßen nachweisbar und es gab keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen.
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Die Schrittkadenz, also die Zahl der Schritte pro Minute, hatte ebenfalls keinen Einfluss. Es machte also keinen Unterschied, ob man die Schritte im Laufen oder im Gehen zurücklegt (wobei man beim Joggen allerdings schneller auf eine hohe Schrittzahl kommt).
Die körperliche Bewegung beugte nicht nur einem Herz-Kreislauf-Tod vor (adjustierte Hazard Ratio 0,49; 0,40 bis 0,60), was sich über die günstigen Auswirkungen auf den Kreislauf und Gefäße plausibel erklären lässt. Auch eine präventive Wirkung auf Krebserkrankungen war nachweisbar, auch wenn sie etwas geringer ausfiel (adjustierte Hazard Ratio 0,67; 0,54 bis 0,82).
Wie immer in epidemiologischen Studien lässt sich eine Kausalität nicht belegen. Es bleibt immer die Möglichkeit, dass andere von der Studie nicht erfasste Faktoren das geringere Risiko mit beeinflusst haben. Vor allem die Ernährung lässt sich in solchen Studien nicht immer genau erfassen. Dennoch zeigt die Studie, dass Erwachsene, die es auf 8.000 oder 12.000 Schritte am Tag bringen, auf dem richtigen Weg sind.
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