Vom Arztdasein in Amerika
Die leeren Krankenhäuser füllen sich allmählich
Montag, 8. Juni 2020
Viele der Leser kennen das Phänomen: Während der COVID-19-Pandemie war ein Großteil der Krankenhäuser im deutsch-, aber auch englischsprachigen Raum nicht über- sondern unterbesetzt. Es liegen mir zwar keine belastbaren Daten vor, doch ich stütze mich neben meinen eigenen Beobachtungen auf die anderer ärztlicher Kollegen.
Natürlich gab es Ausnahmen und überlaufene Krankenhäuser während der COVID-19-Pandemie, wie ich weiß. So habe ich Augenzeugenberichte und Bilder von einem Anästhesisten erhalten, der aus einem New Yorker Krankenhaus im April berichtete. Aber einerseits war das dortige Krankenhaus auf SARS-CoV2 spezialisiert und erhielt entsprechend viele Überweisungen, anderseits bestand in New York eine hysterische Situation bei der sich die Zahl kardiovaskulärer und psychischer Erkrankungen wohl zu häufen schienen.
Vor allem aber kenne ich viele Krankenschwestern und Ärzte, die wochenlang zu Hause blieben, weil es nicht ausreichend Arbeit gab. Die meisten von uns Ärzten waren nicht überarbeitet, sondern eher unterfordert in den Monaten März, April und Mai diesen Jahres.
All das scheint sich nun im späten Frühjahr, also ab Ende Mai, zu ändern, und die Zahl der Patienten steigt allmählich an. Ist es Zufall, dass mehr Alkohol- und Drogenfälle in die Notaufnahme zu kommen scheinen? Ist das eine Folge nicht genommener Medikamente, des Anstiegs der Arbeitslosigkeit oder wegen all der häuslichen und gesellschaftlichen Einschränkungen? Ein Kollege berichtete von vermehrten Elektrokrampftherapien bei Schizophrenen und Depressiven, ein anderer von einem eklatanten Mangel stationärer Betten in Psychiatriekrankenhäusern.
Ich bin sehr gespannt wie sich das Behandlungsumfeld nach der Covid-19-Pandemie entwickelt und wann die ersten statistischen Daten zu diesem Zeitraum vorliegen.
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