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Vom Arztdasein in Amerika

Vom Arztdasein in Amerika

Das Staatsexamen wurde 2007 abgelegt, und nicht nur die Frage der Fachrichtung, sondern auch die des Arbeitsortes musste beantwortet werden. Nachdem das Assistenzarztdasein in Frankreich und Deutschland ausprobiert wurde, ging es nach Minneapolis im Jahr 2009. Es schreibt Dr. Peter Niemann über seine Ausbildung zum Internisten (sowie der Zeit danach) und über die Alltäglichkeiten, aber auch Skurrilität eines Arztlebens in USA.

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Vom Arztdasein in Amerika

Die Übersterblichkeit hält an

Montag, 9. August 2021

Seit Monaten nun beobachten Kollegen, Freunde und ich deutlich gestiegene Patientenzahlen in amerikanischen Krankenhäusern, die einfach nicht rückläufig werden. Zum Glück handelt es sich kaum noch um COVID-19-Fälle, sondern viel eher um Erkrankungen, die ich schon seit vielen Jahren kenne, wobei gerade thrombotische und hämorrhagische Erkrankungen etwas häufiger in letzter Zeit zur Behandlung kommen.

Nun gibt es bedauerlicherweise kein zentrales Krankenhausregister, bei dem allgemeine Krankenhausdaten zur stationären Behandlung und Auslastung vorliegen. Deshalb greife ich immer wieder auf die Daten der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC, also dem Zentrum für Krankheitskontrolle und -vorbeugung, zurück. Diese ergeben einen spannenden Einblick in die Gesundheit der Amerikaner der zurückliegenden 16 Monate, erlauben also einen aktuellen Stand aus dem Blickwinkel des Sommers des Jahres 2021.

Obwohl die Daten nur sehr grob sind, so ist klar ersichtlich, dass es eine Zunahme an Kranken und auch Todesfällen seit Februar 2020 gegeben hat. Dieser Trend hält an und obwohl es ein Auf und Ab gibt, so ist die Mortalität noch immer nicht zum Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019 zurückgekehrt.

Mit anderen Worten gibt es weiterhin eine Übersterblichkeit, d.h. die Zahl der verstorbenen Menschen ist seit Februar 2020 im Vergleich zu den drei vorherigen Jahren zum Teil deutlich erhöht . Auch wenn es in manchen Monaten „nur“ 5% mehr Verstorbene sind – man darf nicht vergessen, dass selbst diese gering wirkende Prozentzahl bedeuten würde, dass es etwa 150.000 zusätzliche tote US-Amerikaner aufs Jahr hochgerechnet gäbe. Laut meinen eigenen Berechnungen mit einer Übersterblichkeit von etwa 18 % scheint es vielmehr, als wären es für diesen sechzehnmonatigen Zeitraum seit Februar 2020 mehr als eine halbe Million zusätzlich Verstorbener.

Viele dieser zusätzlichen Toten gehen auf das Konto von SARS-CoV-2, wobei in den USA so gut wie gar nicht unterschieden wird, ob jemand an oder mit COVID-19 verstorben ist. Zusätzlich erklären die COVID-19-Tote bei weitem nicht die gesamte Übersterblichkeit, und es wird erst in einem Abstand von etwa zwei Jahren eine klare und detaillierte Aufschlüsselung der Todesfälle seitens der CDC geben.

Doch klar bleibt: Vieles hat sich in den USA verändert und dieses Land steckt in einer Krise. Zu dieser negativen Entwicklung gehört auch der Anstieg der Erkrankungs- und Mortalitätsraten. Ein Ende scheint noch nicht in Sicht, und auch hier warten wir Ärzte mit einem gewissen Bangen auf den Herbst und Winter des Jahres 2021/2022.

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