Lesefrüchtchen
Sexueller Missbrauch: Das politisch-kirchliche Netzwerk funktioniert doch
Dienstag, 9. März 2010
Fürs Erste hat die junge Familienministerin Kristina Schröder (CDU) ihre Kollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger von der FDP ausgetrickst. Schröder lud gestern zu einem großen Runden Tisch in Sachen sexuellem Missbrauch ein. "Bereits im April", ließ sie verlauten. Das erscheint spät, dafür kam die Ankündigung flott. "Unter Beteiligung", hieß es, von Bildungsministerin Annette Schavan (CDU).
Merkwürdig, die ist doch nicht zuständig. Das wäre Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Doch die soll am 23. April nicht mit von der Partie sein. Sie hatte für einen kleinen Runden Tisch plädiert, allein mit der katholischen Kirche. Die aber will bei der Justizministerin nicht mitmachen; bei Schröder hat sie flugs zugesagt.
Die Kirchentaktik, erst mal abzwarten, ob nicht auch andere Dreck am Stecken haben und man nicht allein dasteht, ist voll aufgegangen. Die Sache zieht Kreise und dem trägt der Schröder-Schavan-Tisch Rechnung. Aber nicht nur das.
Anhand der beiden Damen erweist sich, dass das christ-katholische Netzwerk, das man schon völlig durchlöchert wähnte, immer noch funktioniert. Schavan ist im katholischen Milieu tief verwurzelt, Schröder einem streng lutheranischen Zweig der evangelischen Kirche verbunden.
Leutheusser-Schnarrenberger dagegen, aktiv in der Humanistischen Union, setzt die antiklerikale Linie fort, die von Liberalen, von Virchow bis Dehler, seit jeher gepflegt wird. Auch von daher wird die harte Reaktion des Vorsitzenden der Bischofskonferenz, Zollitsch, auf Leutheusser-Schnarrenbergers ursprünglichen Vorschlag eines Runden Tisches verständlich. Sie gehört nicht zu unser Leut´. Die Opfer sexuellen Missbrauchs werden durch die taktischen Spielchen der Erwachsenen leider instrumentalisiert.