Lesefrüchtchen
Pharma: Schlüsselrollen für IQWiG und Schiedsamt
Montag, 29. März 2010
Zumindest einer der Röslerschen Eckpunkte für die Reform des Pharmamarktes setzt eine richtige Landmarke: Bei Neueinführungen soll zeitnah, nämlich innerhalb von drei Monaten, festgestellt werden, ob es sich um Arzneimittel mit oder ohne Zusatznutzen handelt. Das wäre, wenn´s denn so kommt, eine gehörige Verbesserung gegenüber dem derzeitigen zähflüssigen Verfahren des Institutes für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Künftig sollen, so der Plan, die Hersteller bereits bei Markteinführung dem IQWiG ihre Dossiers zustellen. Wenn dieses den Zusatznutzen bestätigt, kann der Hersteller für ein Jahr den Preis festsetzen. Bisher sind´s zehn Jahre, die Patentlaufzeit soll also ausgehebelt werden.
Mit "Markt" hat das Ganze nicht viel zu tun. Umso erstaunlicher, dass FDP-Mann Rösler sich auf das Verfahren einlässt (seine Gegenspieler behaupten, er habe zu den Eckpunkten getragen werden müssen). Doch "Markt" funktioniert bei Arzneimtteln ohnehin nur bei Generika. Nicht bei patentgeschützten Präparaten. Hier steht ein Monopolist einer starren Nachfrage gegenüber. Die Koalition will indes auch hier eine Art Markt konstruieren, indem die Hersteller nach dem bewussten Jahr zu Preisverhandlungen gezwungen werden. Dann stünde dem Angebotsmonopol ein Nachfragemonopol (sofern mit dem GKV-Spitzenverband verhandelt wird) oder eine Oligopol (bei Verhandlungen mit einzelnen Kassen) gegenüber. Solche "Märkte" funktionieren in der Regel nicht. Entscheidend könnte deshalb das in den Eckpunkten vorgesehene Schiedsamt werden, das notfalls den Preis festsetzt.
Der Teufel steckt wie immer im Detail: Wie schlagkräftig wird das IQWiG ausgebaut? Und wie unabhängig wird es sein (gerade erst wurde sein bei der Pharmaindustrie verhasster Chef weggemobbt)? Wer besetzt das Schiedsamt? Was ist mit den Rechtsmitteln (mit deren Hilfe Entscheidungen des IQWiG und des Schiedsamtes in eine Endlosschleife wandern könnten)? Nicht zu vergessen: Die Reformpläne können nur mit einem Gesetzgebungsverfahren umgesetzt werden. Da hat es, gerade was die Pharmaindustrie angeht, bisher noch immer Überraschungen gegeben.