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Von embryonaler Stammzellforschung bis Sterbehilfe – mit ethischen Themen vom Beginn bis zum Ende des Lebens werden Ärzte immer wieder konfrontiert. Gisela Klinkhammer, beim Deutschen Ärzteblatt zuständige Redakteurin für Medizinethik, setzt sich mit aktuellen Entwicklungen auseinander.

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PID: „Eine Gesellschaft verliert ihre Menschlichkeit“

Montag, 20. Dezember 2010

Bei der künftigen Bundestagsentscheidung über die Zulassung der Präimplantationsdiagnostik soll der Fraktionszwang aufgehoben werden. Und das ist bei solchen ethischen Themen auch sinnvoll. Denn die Meinungen gehen quer durch alle Parteien, und dabei gibt es auch durchaus überraschende Erkenntnisse.

Die Union ist zum Beispiel – wie vielleicht zu erwarten wäre –nicht einhellig gegen PID. Nur eine knappe Mehrheit sprach sich beim CDU-Parteitag gegen den Gentest an Embryonen aus. So plädieren sogar CDU-Politiker, wie Peter Hintze, gemeinsam mit FDP-Politikern, wie Ulrike Flach, in einem fraktionsübergreifenden Gesetzentwurf für eine Zulassung der PID bei Paaren, die Träger einer Erbkrankheit sind. Welche Erbkrankheiten betroffen würden, sollten Ethikkommissionen bestimmen.

Das heißt, dass beispielsweise auch Gentests auf Trisomie 21 oder Mukoviszidose nicht gesetzlich verboten wären. Doch ein solcher Vorschlag hat eindeutig Selektionscharakter und wird mit Sicherheit zur Ausweitung auf weitere Indikationen führen.

Da verwundert es nicht, dass gerade auch Behindertenverbände erbitterte Gegner der PID sind. Und dieser Gesetzentwurf geht denn auch anderen Abgeordneten, die grundsätzlich ebenfalls für eine Zulassung der PID sind, zu weit. Sie ziehen deutlich engere Grenzen.

Diejenigen Abgeordneten, die sich für ein grundsätzliches Verbot der Präimplantationsdiagnostik aussprechen, haben sonst nicht gerade viele Gemeinsamkeiten, aber in diesem Fall zahlreiche gute Argumente, die für ihre scheinbar harte Linie sprechen.

Es geht ihnen nicht nur um Embryonenschutz und die Gefahr der Selektion, sondern sie sehen zu Recht die Gefahr eines Paradigmenwechsels: „Eine Gesellschaft, in der der Staat darüber entscheidet oder andere darüber entscheiden lässt, welches Leben gelebt werden darf und welches nicht, verliert ihre Menschlichkeit.“

Diese  Meinung vertreten beispielsweise die linke SPD-Generalsekretärin  Andrea Nahles, der konservative CSU-Abgeordnete Johannes Singhammer, Birgitt Bender von den Grünen und Kathrin Vogler von den Linken. Auch Pascal Kober von der FDP ist dabei.

Und damit treten die Freien Demokraten zum ersten Mal nicht geschlossen für die Zulassung der PID ein. Kober musste sich von seinem Parteivorsitzenden Guido Westerwelle denn auch Fortschrittsfeindlichkeit und Rückständigkeit vorwerfen lassen. Kober argumentierte dagegen aber schlagfertig: „Auch den Nacktscanner oder den Einsatz eines Bundestrojaners würden wir Liberalen ja nicht als Fortschritt begrüßen.“

LNS
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