Gratwanderung
Schweizer Suizidhilfe-Praxis: Kein Vorbild für Deutschland
Freitag, 20. Mai 2011
Die Bürger im größten Schweizer Kanton Zürich haben einem Sterbehilfeverbot eine klare Absage erteilt. Nach einer Volksabstimmung bleiben sowohl die Beihilfe zum Suizid als auch der sogenannte Sterbehilfetourismus erlaubt.
Hintergrund der Initiative „Nein zum Sterbetourismus im Kanton Zürich“ war, dass ein Großteil der Menschen, die das Angebot von Sterbehilfeorganisationen in Anspruch nehmen, aus dem Ausland kommt. So begleitete beispielsweise die Organisation „Dignitas“ rund 600 Deutsche beim Suizid.
Kardinal Elio Sgreccia, der frühere Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben im Vatikan, befürchtet jetzt, dass der Ausgang des Volksentscheids auch andere Länder verleiten könne, ihre Gesetze zu missachten und „das moralische Recht mit Füßen zu treten“.
Dass es in Deutschland allerdings zu derart liberalen Regelungen kommt wie in der Schweiz, aber auch in den Benelux-Ländern, in denen aktive Euthanasie unter bestimmten Voraussetzungen nicht strafbar ist, ist eher unwahrscheinlich.
Das liegt sicherlich unter anderem daran, dass die Schweiz, wie andere Länder auch, sehr viel stärker utilitaristisch geprägt ist als Deutschland. So wurde zum Beispiel auch in der Schweiz im Jahr 2004 die erste verbindliche Abstimmung in einem demokratischen Land über ein Gesetz zur Verwendung von überzähligen Embryonen (von In-vitro-Fertilisations-Versuchen) zur Stammzellforschung durchgeführt. Es stimmten knapp zwei Drittel der Bevölkerung (66,4 %) und alle Kantone mit Ja.
In Deutschland jedenfalls gelten in medizinethischen Fragen sehr viel strengere Regeln. Eine Zulässigkeit der gewerblichen Beihilfe zum Suizid würde hier sicher keine Chance haben.
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