Dr. McCoy
Nachdenklich...
Freitag, 30. Dezember 2011
Der Jahreswechsel ist ja die Zeit in der viele Menschen dazu kommen, ein wenig nachdenklich zu
werden. So offenbar auch der (63 jährige) Krimi-Autor Henning Mankell. Laut Focus vertritt er die
Auffassung, dass "gerade junge Leute
glauben,
dass Google Wissen und Wahrheit vermittelt." Und das sei "eine Katastrophe!
" Nun weiß ich nicht genau, ob Mankell Google für das Internet hält. Ich frage mich
allerdings, was Mankell sich denn wünscht. Dass das Internet wieder verschwinden möge? Das kann
er eigentlich kaum hoffen.
Dazu passt auch die Zukunftsvision von Douglas
Coupland (gerade 50 geworden), dem Autor von "Generation X". Er
meint in einem Interview mit der ZEIT, "das Smartphone" mache "alle Menschen
gleich". Und da angeblich Deutschland das Land mit der höchsten iPhone-Dichte der Welt sei
(eine Quelle außer Coupland selbst konnte ich hierzu leider nicht finden), könne also "jeder
alles wissen". Und laut Coupland sei es inzwischen daher so, dass
man
zusammen sitze und sich eine interessante Frage stelle. Und statt gemeinsam zu überlegen, hole
inzwischen fast immer jemand sein Telefon raus und googele schnell die Antwort.
Da stimmt es natürlich nachdenklich, wenn ich dann bei
InfomationWeek HealthCare lese, dass inzwischen 80% (!) der US-
amerikanischen Ärzte während der Arbeit (!) "mobile Devices" wie Smartphones oder
Tablet-PCs nutzen. Denken die amerikanischen Kollegen nicht mehr nach und googlen nur noch?
So ganz kann diese Entwicklung in Deutschland noch nicht Fuß gefasst haben. Zwar sehe ich
in meinem (Krankenhaus-) Umfeld gefühlt nur noch KollegInnen mit Smartphones. Ständig auf der
Suche nach neuen "Apps" die ihnen helfen, ihre Kitteltaschenbücher endgültig ins Regal
zu stellen. Aber ein Studienfreund — inzwischen niedergelassen — gestand mir kürzlich
nicht ohne Stolz,
er habe in der Praxis "gar kein Internet". Schließlich
sei er Arzt!
Irgendwie beruhigend. Aber unklar bleibt dann immer noch, ob die Ärzte nun die Computer eigentlich
wollen oder nicht.
Sicher scheint mir nur zu sein, dass der ungebrochene
Fortschrittsglaube, den die Firma IBM 1966 verbreiten wollte, irgendwann verflogen ist. Vor 45
Jahren versprach IBM, mit Hilfe von elektronischen Patientenakten Ärzten und Schwestern die —
offenbar schon seinerzeit beträchtliche — Bürde des täglichen Papierkriegs etwas erleichtern und
gleichzeitig noch die Patientensicherheit im Krankenhaus erhöhen zu können. Zu besichtigen in
einem wundervollen
Werbefilm bei YouTube.
Eigentlich ganz
ähnliche Erwartungen an den Einsatz von Informationstechnolgie in der Medizin hatte auch Ulla
Schmidt. Sie erinnern sich, unsere vorletzte Bundesgesundheitsministerin.
Sie kündigte seinerzeit an,
dass
mit
Hilfe eines "elektronischen Gesundheitspasses" und einer elektronischen Patientenakte
die Qualität der Versorgung gesteigert und gleichzeitig Kosten gespart werden sollten Und das ist nun
auch schon wieder ein bisschen her. Zehn Jahre, um genau zu sein.
Wir
werden also noch ein bisschen warten müssen bis die Visionen all derer Wahrheit werden, die uns
Glauben machen wollen, dass Medizin ohne Internet doch gar nicht mehr praktiziert werden könne.
In der Zwischenzeit denke ich nochmal nach über
Mankell´s Mankells Warnung an die Jugend (Quelle s.o.):
"Wissen ist das kritische Verständnis von Informationen."
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