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Dr. McCoy

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In seinem Blog – benannt nach dem Bordarzt von „Raumschiff Enterprise“ – kümmert sich Philipp Stachwitz weniger um ferne Galaxien, sondern er kommentiert, wie die Zukunft der Medizin durch Telematik und E-Health beeinflusst wird. Als Anästhesist und ehemaliger stellvertretender Dezernent für Telematik der Bundesärztekammer kennt der heute ambulant tätige Schmerztherapeut und E-Health-Experte die Materie gleichermaßen und gleichzeitig aus der Praxis wie auch aus der Politik.".

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Dr. McCoy

Nachdenklich...

Freitag, 30. Dezember 2011

Der Jahreswechsel ist ja die Zeit in der viele Menschen dazu kommen, ein wenig nachdenklich zu werden. So offenbar auch der (63 jährige) Krimi-Autor Henning Mankell. Laut Focus vertritt er die Auffassung, dass "gerade junge Leute glauben, dass Google Wissen und Wahrheit vermittelt." Und das sei "eine Katastrophe! " Nun weiß ich nicht genau, ob Mankell Google für das Internet hält. Ich frage mich allerdings, was Mankell sich denn wünscht. Dass das Internet wieder verschwinden möge? Das kann er eigentlich kaum hoffen. 

Dazu passt auch die Zukunftsvision von Douglas Coupland (gerade 50 geworden), dem Autor von "Generation X". Er meint in einem Interview mit der ZEIT, "das Smartphone" mache "alle Menschen gleich". Und da angeblich Deutschland das Land mit der höchsten iPhone-Dichte der Welt sei (eine Quelle außer Coupland selbst konnte ich hierzu leider nicht finden), könne also "jeder alles wissen". Und laut Coupland sei es inzwischen daher so, dass man zusammen sitze und sich eine interessante Frage stelle. Und statt gemeinsam zu überlegen, hole inzwischen fast immer jemand sein Telefon raus und googele schnell die Antwort.

Da stimmt es natürlich nachdenklich, wenn ich dann bei InfomationWeek HealthCare lese, dass inzwischen 80% (!) der US- amerikanischen Ärzte während der Arbeit (!) "mobile Devices" wie Smartphones oder Tablet-PCs nutzen. Denken die amerikanischen Kollegen nicht mehr nach und googlen nur noch?

So ganz kann diese Entwicklung in Deutschland noch nicht Fuß gefasst haben. Zwar sehe ich in meinem (Krankenhaus-) Umfeld gefühlt nur noch KollegInnen mit Smartphones. Ständig auf der Suche nach neuen "Apps" die ihnen helfen, ihre Kitteltaschenbücher endgültig ins Regal zu stellen. Aber ein Studienfreund — inzwischen niedergelassen — gestand mir kürzlich nicht ohne Stolz, er habe in der Praxis "gar kein Internet". Schließlich sei er Arzt! Irgendwie beruhigend. Aber unklar bleibt dann immer noch, ob die Ärzte nun die Computer eigentlich wollen oder nicht.

Sicher scheint mir nur zu sein, dass der ungebrochene Fortschrittsglaube, den die Firma IBM 1966 verbreiten wollte, irgendwann verflogen ist. Vor 45 Jahren versprach IBM, mit Hilfe von elektronischen Patientenakten Ärzten und Schwestern die — offenbar schon seinerzeit beträchtliche — Bürde des täglichen Papierkriegs etwas erleichtern und gleichzeitig noch die Patientensicherheit im Krankenhaus erhöhen zu können. Zu besichtigen in einem wundervollen Werbefilm bei YouTube.   

Eigentlich ganz ähnliche Erwartungen an den Einsatz von Informationstechnolgie in der Medizin hatte auch Ulla Schmidt. Sie erinnern sich, unsere vorletzte Bundesgesundheitsministerin. Sie kündigte seinerzeit an, dass mit Hilfe eines "elektronischen Gesundheitspasses" und einer elektronischen Patientenakte die Qualität der Versorgung gesteigert und gleichzeitig Kosten gespart werden sollten Und das ist nun auch schon wieder ein bisschen her. Zehn Jahre, um genau zu sein.  

Wir werden also noch ein bisschen warten müssen bis die Visionen all derer Wahrheit werden, die uns Glauben machen wollen, dass Medizin ohne Internet doch gar nicht mehr praktiziert werden könne. In der Zwischenzeit denke ich nochmal nach über Mankell´s  Mankells Warnung an die Jugend (Quelle s.o.): "Wissen ist das kritische Verständnis von Informationen."

Kommentare

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Avatar #29331
henglisch
am Freitag, 30. Dezember 2011, 22:20

Mankell´s Warnung

Lieber Herr Mankell,

Google kann nützlich sein, weil man mit ihrer Hilfe Seiten wie http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,283781,00.html mit folgender Aussage findet: "Wo ein Apostroph nicht gesetzt werden darf: Bei Eigennamen im Genitiv steht in der Regel niemals ein Apostroph."
LNS

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