Dr. werden ist nicht schwer...
Sind Ärzte zu schwach?
Freitag, 20. Januar 2012
In der Onlineausgabe der FAZ las ich neulich einen Artikel über das Assistenzarztwesen und die Arbeits(zeit)belastung in Deutschland. An einigen Stellen erkannte ich mich wieder; an anderen musste ich ziemlich den Kopf schütteln.
Erst einmal muss man den jungen Kollegen zu seiner Dienstbelastung von drei mal 8 Stunden im Monat eher beglückwünschen denn bedauern. Bei mir sind es allein drei Wochenenddiensttage pro Monat. Ich verstehe jedoch nicht, warum es unkollegial sein soll, auf eine korrekte Arbeitszeiterfassung zu bestehen. Es kommt doch allen zugute, wenn Überstunden dokumentiert und sich in zusätzlicher Freizeit oder Auszahlung niederschlagen.
In Gesprächen mit Kollegen musste ich feststellen, dass die meisten in der Tat des Geldes wegen die aktuell üblichen Nachtdienstregelungen vorziehen und entsprechende Belastungen in Kauf nehmen. Neulich rechnete mir ein Kollege vor, wie „wenig“ wir verdienen würden, wenn wir das an meiner Schweizer Klinik gängige Modell (mit einem reinen Nachtdienst für 7 Tage in Folge und dann 7 Tage frei) praktizieren würden. Ich hingegen bin für die Freizeit. Zumal sich aufgrund der anderen Besteuerung die Freude über die Zusatzverdienste im Nettobereich in Grenzen hält.
Um noch einmal auf die Arbeitszeiterfassung zurückzukommen: Warum stellen wir uns so unvorteilhaft an? Warum schlagen sich Angebot und Nachfrage nicht in besseren, sondern schlechteren Bedingungen nieder? Lassen wir uns so leicht am Nasenring der Berufsethik durch die Manege führen?
Leidet die Patientenversorgung nicht auch, wenn wir überlastet werden? Hat der Kollege aus dem FAZ-Beitrag wirklich Angst vor einer Kündigung? Und wenn ja, warum? Arbeit ist uns derzeit garantiert. Was uns absolut nicht garantiert wird, sind Lebensqualität und Raum für Privatleben. Wir leben um zu arbeiten und nicht umgekehrt.
Beklagt lieber die Arbeitszeiten als die Bezahlung,
Euer Anton Pulmonalis