Gesundheit
Alkoholismus: Abstinent durch LSD?
Freitag, 9. März 2012
Für viele Menschen klingt es wie der Versuch, den Teufel mit
dem Beelzebub auszutreiben. Nach Ansicht von Teri Krebs und Pål-Ørjan Johansen
von der Universität Trondheim könnte es jedoch funktionieren. Die beiden
Forscher stellen eine Meta-Analyse vor, nach der die einmalige Gabe von LSD
Alkoholikern helfen könnte ihre Trunksucht in den Griff zu bekommen.
Die Geschichte ist bekannt. Lysergsäurediethylamid wurde
1938 von Albert Hofmann entdeckt und 1947 von Sandoz unter dem Handelsnamen
Delysid vertrieben. Es erfreute sich schon bald bei Psychiatern gewisser
Beliebtheit. Ob sie es heute noch verwenden würden, ist unklar. Ende der 60er
Jahre entdeckt die Jugendkultur es als psychedelische Droge und die
verschreckte US-Regierung verbot es 1970, andere Länder folgten. Da es andere
als bei den Opiaten keinen medizinischen Verwendungszweck gibt, wird LSD nicht
mehr (legal) hergestellt.
Die Psychiater schätzten die halluzinogene Wirkung, weil LSD
die „Blockaden“ im Gehirn löse und dadurch die Psychotherapie unterstütze, die
damals auch zur Behandlung der Alkoholsucht eingesetzt wurde. Andere Psychiater
glaubten indes die „psychotomimetische“ Erfahrung unter der Droge habe die
gleiche abschreckende Wirkung wie ein Delirium tremens und würde den Patienten
glaubhaft vor Auge führen, was ihnen drohe, wenn sie ihre Alkoholprobleme nicht
in den Griff bekämen.
Wie dem auch sei. Ende der 60er Jahre wurden sechs
randomisierte klinische Studien mit 536 Alkoholikern durchgeführt, die nach
Ansicht von Krebs und Johansen durchaus die heutigen Anforderungen erfüllen.
Und die Ergebnisse können sich sehen lassen. Eine einzige Dosis von LSD führte
bei 59 Prozent der Teilnehmer zu einem Rückgang des Alkoholkonsums gegenüber 38
Prozent in den Kontrollgruppen, in denen ein Placebo oder auch eine niedrige
LSD-Dosis verabreicht wurde.
Die Number needed to treat (NNT) beträgt sechs Patienten,
die behandelt werden müssen, um bei einem den Alkoholkonsum zu mindern. Das ist
weniger (und damit besser) als unter der Therapie mit Naltrexon (NNT 9) oder
Acamprosat (NNT 100). In drei Studien wurde auch die Abstinenz erfasst. Auch
hier waren die NNT unter LSD (7) günstiger als unter Naltrexon (33), Acamprosat
(9) und Disulfiram (9).
Auch wenn die Meta-Analyse makellos erscheint, gibt es doch
einige Gründe, die Ergebnisse nicht zum Nennwert zu nehmen. Wichtige Angaben zu
den Diagnosekriterien, Ein- und Ausschlusskriterien sind lückenhaft und es ist
durchaus wahrscheinlich, dass es sich bei den sechs Studien um eine positive
Auswahl von Studien mit einem günstigen Ausgang handelt.
LSD wurde zudem im Rahmen einer langwierigen
Gesprächstherapie eingesetzt, die heute nicht mehr üblich ist. Es ist deshalb
fraglich, ob die Ergebnisse in heutigen Studien reproduziert werden könnten.
LSD wäre aufgrund seiner langen Halbwertzeit auch ungeeignet für eine
Kurztherapie. Die Halluzinationen halten stunden- bis Tage lang an, und während
dieser Zeit müssten die Patienten überwacht werden. Dass die Droge harmlos ist,
dürfte ein Mythos sein. Die Studien berichteten neben bizarren Verhaltensweisen
auch über Krampfanfälle.
Neue Studien zu LSD werden infolge des Verbots so schnell
nicht geben. Auch andere Forscher, die mit Substanzen wie Mescalin, Psilocybin
oder Dimethyltryptamin arbeiten, haben Probleme sich die Substanz zu besorgen.
Ohne Forschung wird es keine Indikation geben. Das hat auf jeden Fall zur
Folge, dass der Mythos erhalten bleibt, und hin und wieder wird es
Publikationen geben, die daran erinnern.
Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.