Vom Arztdasein in Amerika
Ist ein staatlicher Zwang zur Krankenversicherung erlaubt?
Mittwoch, 28. März 2012
Jetzt ist sie da, die von
vielen Politikern heiß ersehnte Verhandlung über das „Obamacare“ vor dem Verfassungsgericht der
Vereinigten Staaten von Amerika statt. Es geht um die Frage, ob das von Dr.
Obama im März des Jahres 2010 eingeführte Gesundheitsreformgesetz , v.a. der
Teil des Gesetzes, der jeden US-Bürger zwingt krankenversichert zu sein,
verfassungsgemäß ist.
Also: Darf der US-Staat seine Bürger dazu
zwingen eine Krankenversicherung abzuschließen und falls der Bürger es nicht
tut, dann eine jährliche Strafe zahlen zu müssen? 26 Bundesstaaten haben gegen
diesen Teil des Gesetzes Verfassungsklage erhoben bis heute wird diese
Verfassungsklage vor dem Obersten Gerichtshof debattiert. Das Medienecho ist
immens in den USA (siehe z.B. http://www.cnn.com/2012/03/27/justice/scotus-health-care/index.html oder http://www.foxnews.com/politics/2012/03/26/first-round-supreme-court-health-care-hearings-not-about-health-care/
).
Wir Deutsche sind,
zumindest gemessen an den US-Amerikanern ein Volk, das Staatsinterventionen
mehrheitlich begrüßt. Wir sind es gewohnt, daß der Staat uns dazu zwingt, eine
Rentenversicherung, eine Krankenversicherung oder eine Pflegeversicherung
abzuschließen.
Er geht jedoch weit
darüber hinaus, und so akzeptiert die Mehrheit von uns Deutschen erzwungene
staatliche Abgaben für die Umwelt („Ökosteuer“ und „Stromsteuer“ zum Beispiel),
für Kultur („GEZ-Gebühren“) oder für den Flugreisevekehr
(„Luftverkehrsabgabe“). Die meisten von uns akzeptieren das, weil viele uns der
Hypothese anhängen, dass der Staat vernünftiger im Gesamtinteresse mit unserem
Geld umgehen kann als der Einzelne es tun könnte.
Da wir Deutsche solch
eine Einstellung besitzen, will ich absichtlich nicht die Pro-Argumente für
einen allgemeinen Krankenversicherungszwang erwähnen. Wir können sie uns ja
denken. Vielmehr will ich pars pro toto
drei Konta-Argumente anführen, die mich zum Nachdenken brachten:
Verfassungsrichter
Antonin Scalia beispielsweise fragte, ob ein Staat, der ein Gesetz zur
allgemeinen Krankenversicherungspflicht erläßt weil es der Gesundheit aller
US-Bürger diene, irgendwo eine Grenze ziehen könne. Würde solch ein Staat eines
Tages gar ein Gesetz erlassen, nach dem alle Bürger Broccoli essen müssen, weil
das ebenfalls gesundheitsförderlich sei?
Verfassungsrichter Samuel
Alito wiederum fragte an, ob der Staat ein Gesetz für eine verpflichtende
Beerdigungsversicherung erlassen dürfe, weil das ebenfalls jeden Menschen
beträfe und der Gesellschaft helfen würde.
Verfassungsrichter John
Roberts merkte an, dass Feuer- und Polizeischutz ähnlich wichtig sei wie eine
Krankenversicherung. Außerdem wisse man erst in einem Notfall, wie dringend man
sie benötige. Daraus folgerte er seine Frage, ob der US-Staat nun also jeden
Bürger dazu zwingen werde und könne, ein Mobiltelefon mit sich zu tragen, um
jederzeit Hilfe herbeirufen zu können.
Die Diskussion war sehr
kontrovers, und es lohnt sich für diskussionslustige Menschen, diese alleine
aus intellektueller Neugierde zu verfolgen.
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