Dr. McCoy
Billiger Jakob
Donnerstag, 10. Mai 2012
Der Arztberuf ist reglementiert. Ziemlich streng sogar. Wie
die Regeln aussehen, steht unter anderem in der Berufsordnung der zuständigen
Landesärztekammer die wiederum vom jeweils zuständigen (meist
Landesgesundheits-) Ministerium genehmigt werden muss.
Immer wieder Stein des Anstoßes ist die Frage, ob – und wenn
ja wie – Ärzte Werbung machen und ob sie ihre Leistungen auch nach dem
Motto „Geiz ist geil“ einer zahlungswilligen Kundschaft offerieren dürfen.
Wohl eher nicht, denn in der Musterberufsordnung
heißt es
dazu u.a.
„Zweck der
nachstehenden Vorschriften der Berufsordnung ist die … Vermeidung einer dem
Selbstverständnis der Ärztin oder des Arztes zuwiderlaufenden
Kommerzialisierung des Arztberufs.“ (§ 27 Absatz 1),
„Berufswidrig ist
insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung.“ (§
27 Absatz 3) und an anderer Stelle
„Die Honorarforderung
muss angemessen sein. … Ärztinnen und Ärzte dürfen die Sätze nach der GOÄ nicht
in unlauterer Weise unterschreiten.“ (§ 12 Absatz 1).
Die Berufsordnung wurde in diesen Bereichen seit Aufkommen des Internet mehrfach verändert
und letztlich erheblich liberalisiert. Verhältnisse
wie in den USA wollen die Ärztekammern aber wohl nicht einreißen lassen.
Mal testen, was so durchgeht bei der Ärztekammer, will wohl
eine Ärztin aus Hürth bei Köln. Beim Rabattcoupon-Anbieter Groupon hat sie zwischen
„5-Gänge-Steak-Menü für Zwei“, „Business-Set mit Maßhemd + Krawatte“
oder „Flexibel Spanisch lernen“ im
Angebot:
„90 Minuten
Chirotherapie oder ganzheitliche Schmerztherapie inkl. Erstgespräch“. Das ganze für nur
„24,90 statt
125 €“!
Und das bei einer Ärztin für Allgemeinmedizin mit langjähriger
Erfahrung – die auch noch eine Kassenpraxis in Köln hat.
Geil! „Deal findet statt!“ informiert die Groupon-Website.
Gut zwei Tage vor Ende des Angebots waren schon 157 Gutscheine verkauft. D.h.
die Kollegin hat 235,5 Stunden – das sind rund 6 Wochen – fachärztliche
Arbeitskraft für 3909,30 EUR verkauft.
Wer jemals Patienten mit chronischen Schmerzen des
Bewegungsapparates behandelt hat, der weiß, dass es – wie von der Ärztin bei
Groupon versprochen – ein hoher Anspruch ist, im Sinne einer „ganzheitlichen Schmerztherapie
… den
Ursachen der Schmerzen auf die Spur zu kommen.“ und „in einem ausführlichen
Erstgespräch … sämtliche Faktoren“ abzuklären.
Wie jemand das bei 157 Patienten für einen Stundenlohn von
16,60 EUR (ohne Abzug von Betriebskosten und vor Steuern) seriös leisten will, ist
mir schleierhaft. Entweder man ist Idealist oder man hofft, durch das Angebot an
Folgeaufträge zu gelangen. Die dann allerdings zum vollen Satz. Denn – es ist „nur
ein Gutschein pro Person einlösbar“.
Wie war das noch mit der dem
Selbstverständnis der Ärztin oder des Arztes zuwiderlaufenden Kommerzialisierung
des Arztberufs?