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Vom Arztdasein in Amerika

Vom Arztdasein in Amerika

Das Staatsexamen wurde 2007 abgelegt, und nicht nur die Frage der Fachrichtung, sondern auch die des Arbeitsortes musste beantwortet werden. Nachdem das Assistenzarztdasein in Frankreich und Deutschland ausprobiert wurde, ging es nach Minneapolis im Jahr 2009. Es schreibt Dr. Peter Niemann über seine Ausbildung zum Internisten (sowie der Zeit danach) und über die Alltäglichkeiten, aber auch Skurrilität eines Arztlebens in USA.

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Vom Arztdasein in Amerika

Das aussterbende Doppelzimmer

Dienstag, 22. Mai 2012

Vor kurzem wurde ein älterer Patient mit einer nicht allzu schwerwiegenden Cholezystitis aufgenommen. Seine Schmerzen waren mit Opiaten leicht zu kontrollieren und das Aufnahme­gespräch in der Notaufnahme fand entsprechend in sehr angenehmer Gesprächsatmosphäre statt. Eine halbe Stunde später war er auf Station, und ich ging meinen anderen ärztlichen Tätigkeiten nach.

Mein iPhone-Piepser ging plötzlich los, und mittels der Textnachricht, die auf ihm erschien, bat mich die Schwester auf Station zu eben jenem Patienten zu kommen; es sei kein Notfall, aber er sei etwas erbost. Zügig kam ich der Aufforderung nach, gerade auch, weil wir an unserem Krankenhaus versuchen, die Patientenzufriedenheit so hoch wie möglich zu halten; tatsächlich traf ich einen erzürnten Patienten an. Ob es mein und unser Ernst sei, ihm ein Doppelzimmer zuzumuten, fragte er mich.

Worauf ich etwas hilflos nur auf das andere im Zimmer stehende leere Bett verweisen konnte und die Vorhänge, die ihn von einem potenziell anderen Patienten trennen würde. Doch meine Versicherung, dass heute Nacht wohl niemand mehr aufgenommen würde, und er voraussichtlich nur zwei Nächte im Krankenhaus liegen würde half nicht – er bestand darauf, in eines unserer Einzelzimmer verlegt zu werden. Das war nicht schwer, denn mittlerweile machen sie knapp 90% unseres 800-Bettenkrankenhauses aus, Tendenz weiter steigend.

Es wurde mir wieder einmal bewusst, wie groß die Anspruchshaltung der US-Patienten ist, wie ernst die Patientenzentriertheit von Ärzten und Krankenschwestern genommen wird, dass man einen diensthabenden Arzt für eine Komfortfrage des Patienten mitten in der Nacht herzitiert. Außerdem wurde mir der Komfortstatus unserer Patientenzimmer erneut bewußt: Flachbildschirmfernseher, eigenes Bad mit Dusche, großteils Einzelzimmer, Krankenhausbett mit einer Vielzahl an Funktionen, PC im Zimmer, kabelloses Internet, Lehnsessel, der zu einem Ausziehbett für Angehörige umkonvertiert werden kann usw. usf. Der hohe Technologiestandard und die hohen Löhne im US-Gesundheitswesen sind Teil der hohen Gesundheitskosten, aber auch die Patienten mit ihren hohen Ansprüche tragen Mitverantwortung.

LNS
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