Britain-Brain-Blog
Titelsalat und Karriereleiter
Freitag, 14. Dezember 2012
Luft holen…: In Deutschland gibt es den PJ’ler, den
Assistenzarzt, den Oberarzt und den Chefarzt. Hierarchie gibt es in England
auch, allerdings reichlich Wörter, um die verschiedensten Funktionen und Stufen
zu beschreiben. Also tiefer Luft holen: Grundsätzlich gibt es die „Foundation
Year“ (FY) Ärzte, früher auch „Pre-Registration“, oder „Junior House Officer“
genannt. Das sind die Frischlinge aus dem Studium, entsprechend ungefähr dem
PJ’ler (FY1) und dem Assistenzarzt im ersten Berufsjahr (FY2).
Diese
Unterscheidung ist es auch, die es im Rahmen von Modernisierungen im
britischen System den deutschen Berufsanfängern schwerer gemacht hat, in
England Fuß zu fassen. Denn FY1-Ärzte sind nur vorläufig registriert, werden
dann mit Beginn des FY2 voll registriert, aber bewerben sich sozusagen in einem
Rutsch für beides. Für das FY1 können sich Deutsche meines Wissens nach aber
nicht bewerben, weil sie schon voll approbiert sind.
Nach den FY-Jahren folgt
die zweite große Bewerbungswelle: für das „Speciality Training“, also die
Facharztausbildung. Anschließend wird man in der Psychiatrie „Core Trainee“
(CT), wie in meinem Fall oder nach einer weiteren Bewerbung nach Abschluss des
CT „Specialist Registrar“ (SpR) ab dem vierten Jahr. Fest dazu steht meist eine
Zahl, die dem Ausbildungsjahr entspricht. Die älteren Begriffe für diese
Stellen, die jedoch noch immer im Umlauf sind, sind „Senior House Officer“
(SHO) und „Registrar“.
Ich wurde jedoch schnell ermahnt, dass es
unprofessionell sei, den Begriff „SHO“ noch zu nutzen, weil dieser weniger
Rückschlüsse auf den Ausbildungsstand zulässt als die exakte Bezeichnung „CT“
in Kombination mit dem Ausbildungsjahr. Die meisten FY bewerben sich für die
Facharztausbildung wohl breit, um ihre Chancen auf einen Wunschposten am
Wunschstandort zu erhöhen. Bei den üblichen Verdächtigen (z.B. Dermatologie,
Augenheilkunde, etc.) ist es immer schwierig, einen Fuß in die Tür zu bekommen.
Aber auch große Fächer sind zum Teil schwer umkämpft, vor allem wenn es einen
in die großen Zentren (ach was sage ich… das große Zentrum: London) zieht.
Wer
nicht das Glück eines „run trough“ Training-Postens hat, muss sich als „Locum“
durchschlagen und kann nur versuchen, Trainingsinhalte abzuhaken. Mindestens
einen Arzt habe ich kennengelernt, der seit vielen Jahren in Psychiatrien
arbeitet, aber nicht einmal die Examen zur Beendigung des „Core Training“
einfach so ablegen könnte, weil er eben keine Ausbildungs-Posten hatte. Wer
sich aber durchbeißt, wird (in der Psychiatrie) nach mindestens 8 Jahren mit dem
Titel des „Consultant“ belohnt. Wer es geschafft hat, bis hierhin im
Titel-Dschungel durchzublicken, hat aber das Praktischte noch zu erfahren:
„Doktor“ ist in England jeder Arzt automatisch… ganz ohne
akademische Weihen.