Gesundheit
Bibliotherapie lindert Depression
Montag, 21. Januar 2013
Unter Ärzten sollen Patientenratgeber ja nicht immer sehr
beliebt sein, da sie manchmal eine andere Sicht auf die Erkrankung bieten, was
dann Anlass für quälend lange Diskussionen sein kann. Patientenratgeber lassen
sich aber auch sinnvoll in die Behandlung einbetten, vor allem wenn es sich um
komplexe Erkrankungen wie die Depression handelt und wenn die Therapie auf die
Einsicht und Mitarbeit des Patienten angewiesen ist, wie bei der kognitiven
Verhaltenstherapie. Dann kann es durchaus nützlich sein, wenn der Patient sich
mit seiner Erkrankung geistig auseinandersetzt. Christopher Williams von der
Universität Glasgow spricht in diesem Zusammenhang auch von einer
Bibliotherapie, die jetzt erstmals in einer randomisierten klinischen Studie
untersucht wurde.
An der Studie nahmen 281 Patienten mit Depressionen teil.
Sie wurden auf zwei Arme randomisiert. Alle Patienten setzten die bisherige
Therapie fort. Die Hälfte erhielt zusätzlich einen von Williams verfassten
Patientenratgeber.
Er gleicht eher dem Skript einer Schulung als einem
Hochglanz-Ratgeber, und er fasst die Berufserfahrungen des früheren Präsidenten
der British Association for Behavioural and Cognitive Psychotherapies zusammen,
dem Fachverband für die kognitiven Verhaltenstherapeuten. Wichtig für den
Erfolg der Bibliotherapie war sicherlich, dass die Broschüren den Patienten
nicht einfach ausgehändigt wurden. Die Therapeuten investierten drei Einzelgespräche
von jeweils einer Dreiviertelstunde, um die Einträge der Patienten in den
Workbooks durchzugehen. Die Mühe sollte sich lohnen.
Nach Abschluss der Studie hatte sich bei den Teilnehmern der
Bibliotherapie das Beck-Depressions-Inventar (BDI) von 29,8 auf 16,4 Punkte
verbessert und damit um 5,26 Punkte mehr als unter der konventionelle Therapie,
wo der BDI von 29,0 auf 22,1 zurückging. Der Unterschied von 5,26 Punkten war
nicht nur statistisch signifikant, sondern auch klinisch relevant: Nach 4
Monaten hatten sich mit 42,6 Prozent mehr als doppelt so viele Patienten von
ihrer Depressions-Episode erholt als in der Vergleichsgruppe, wo es 24,5
Prozent besser ging.
Williams konnte auch eine Dosis-Wirkungs-Beziehung
nachweisen. Je häufiger die Patienten an Treffen teilgenommen hatten, desto
größer war der Effekt. Der Psychotherapeut sieht in der Bibliotherapie eine
Möglichkeit, die Versorgung von Patienten in Regionen zu verbessern, in denen
es nur wenige Therapeuten gibt.
Die Therapie könne auch von Hausärzten durchgeführt werden,
schreibt Williams. Zu bedenken ist allerdings, dass eine externe Validierung
der Daten fehlt. Es ist deshalb nicht sicher, dass die Therapie in der Hand
anderer Therapeuten ebenso effektiv ist wie bei Williams. Sie könnte jedoch andere
Psychotherapeuten motivieren, sich nach dem Modell eigene Schulungsmaterialien
zu stricken.
Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.