Gesundheit
Promitest zur Aphasie-Diagnostik
Montag, 19. August 2013
Jeder kennt die Gesichter von
Prominenten wie Albert Einstein, John F. Kennedy oder auch Elvis Presley. Auch
die Patienten mit primär progressiver Aphasie (PPA) kennen die Gesichter, doch
es wollen ihnen einfach die Namen nicht einfallen. Die gelegentlichen Wort- und
Namensfindungsschwierigkeiten, die jeder Mensch kennt, sind bei den
PPA-Patienten ein erster Hinweis auf eine fortschreitende Demenz.
Die
Erkrankung beginnt häufig schon vor dem 65. Lebensjahr und kann bis zum
vollständigen Verlust der verbalen Kommunikation fortschreiten. Ursache ist
meistens eine frontotemporale Lobärdegeneration, in anderen Fällen ist es eine eher seltene Manifestation des Morbus Alzheimer. Ob es sich um eine pathologisch eigenständige Erkrankung handelt, ist umstritten.
Das Team um Marsel Mesulam
von der Northwestern University, der seit 1982 Krankheitsfälle sammelt und
später auch die Entität PPA vorgeschlagen hat, hat jetzt einen Diagnosetest
entwickelt. Er besteht aus 20 Fotografien von in den USA geläufigen Figuren des
öffentlichen Lebens, deren Namen die Patienten benennen sollen. Wenn ihnen der
Name nicht einfällt, können sie auch mehrere Eigenschaften der Personen (etwa
ehemaliger Präsident der USA und Tod durch Attentat) nennen.
Nach einer jetzt
vorgestellten Studie erlaubt der Test nicht nur die Frühdiagnose der PPA. Die
Art der Namensfindungsstörung weist auch auf die Lokalisierung des Defekts hin.
So wiesen Patienten, die die Prominenten erkannten aber ihre Namen nicht
benennen konnten, eine Atrophie im anterioren Anteil des linken Temporallappens
auf. Wenn sie die Gesichter gar nicht erkannten, waren die Temporallappen
meistens schon in beiden Hemisphären erkrankt, wie dies die
kernspintomographischen Aufnahmen der 30 untersuchten Patienten zeigten.
Die Studie zeigt nebenbei,
dass Neurologen den Ort von Hirnschäden oft durch subtile Untersuchungen
lokalisieren können, eine Kunst, die durch die moderne Bildgebung vielfach
verloren geht. Ob der Promitest zum Bestandteil der neurologischen Diagnostik
wird, bleibt abzuwarten. Er müsste auf jeden Fall auf die einzelnen Länder
angepasst werden.
Denn wer wie Oprah Winfrey in einem Land eine Berühmtheit
ist, kann andernorts völlig unbekannt sein, wie kürzlich die Täschligate-Affäre
zeigte. Eine Verkäuferin in einer Zürcher Innenstadtboutique hatte der
US-Talkerin die Ansicht einer Kroko-Tasche verweigert. Vielleicht kann man ihr
rassistische Hintergedanken unterstellen. An einer PPA dürfte sie sicher nicht
gelitten haben.
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