Res medica, res publica
Jetzt geht’s los
Montag, 17. Februar 2014
Den Ruf „Jetzt geht’s los“ kennt man von Fußballfans, die im
Stadion die erste gelungene Aktion der eigenen Mannschaft bejubeln. Er passt
auch zum ersten Gesetzentwurf von Gesundheitsminister Hermann Gröhe. Ob aber die
Tatsache, dass die große Koalition mit der gesundheitspolitischen Gesetzgebung
beginnt, Vorfreude auslöst, soll hier besser nicht untersucht werden.
Jedenfalls legt das
Bundesgesundheitsministerium fast fünf Monate nach der Bundestagswahl nun los –
mit der Vorlage des Referentenentwurfs
eines „Gesetzes zur Weiterentwicklung der Finanzstruktur und der Qualität in
der Gesetzlichen Krankenversicherung“. Hauptinhalt: die Regelungen, die Union
und SPD sich zur Beitragserhebung in der GKV vorgenommen haben.
„Mit dem Gesetzentwurf
werden die Finanzierungsgrundlagen der gesetzlichen Krankenversicherung nachhaltig
gestärkt und auf eine dauerhaft solide Grundlage gestellt“, heißt es in der
Begründung. Das letzte Gesetz, bei dem dies versprochen wurde, ist nicht einmal
vier Jahre alt. Der Gesundheitsminister hieß 2010 Philipp Rösler (FDP). Jetzt also der Anti-Rösler. Die FDP sah in dem damaligen
Gesetz einen großen Schritt in Richtung einkommensabhängige Prämie – Teufelszeug für die SPD.
Deshalb nun der Richtungswechsel zurück zur
einkommensabhängigen Beitragsbemessung. Konkret: Die einkommensunabhängigen
Zusatzbeiträge der Arbeitnehmer werden abgeschafft, kommen aber auf breiter
Front als einkommensabhängige Zusatzbeiträge der Arbeitnehmer zurück, die den
Krankenkassen immerhin 11 Milliarden Euro bringen sollen. Den Beitragssatz können die Krankenkassen selbst festlegen.
Sie erhalten damit ein Stückchen Beitragsautonomie zurück. Im Sinne des Wettbewerbs kann man das gutheißen. Wenn aber
der Grundgedanke richtig ist, könnte der
Gesetzgeber auch gleich Nägel mit Köpfen machen und den bundeseinheitlichen
Beitragssatz ganz abschaffen.
Aber zu viel Wettbewerb soll es auch nicht sein: Die Zusatzbeiträge
alter Prägung hätten zu sehr den Preiswettbewerb betont und den Wettbewerb um
bessere Leistungen in den Hintergrund gedrängt, schreibt das BMG. Wieso das bei
den neuen Zusatzbeiträgen anders sein soll, steht nicht in der Begründung. Das
Kalkül: Den Zusatzbeitrag zieht der Arbeitgeber direkt vom Gehalt ab, was
möglicherweise weniger Unmut bei den
Versicherten erzeugt, als wenn sie aktiv das Geld überweisen müssten.
Der Arbeitgeberbeitrag bleibt festgeschrieben, künftige
Beitragssatzsteigerungen sollen wie nach bisheriger Rechtslage allein von den Arbeitnehmern
getragen werden. Dass das durchzuhalten ist, kann man bezweifeln. Zweifel, die
sogar in einem unveröffentlichten Zusatzprotokoll zur Koalitionsvereinbarung artikuliert
sein sollen. Damit ist die nächste Gesetzesänderung nur eine Frage der Zeit. So
viel zur „dauerhaft soliden Grundlage“ der GKV-Finanzen.
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