Vom Arztdasein in Amerika
Ärztlicher Missmut
Donnerstag, 22. Januar 2015
Alle paar Wochen treffe ich mich auf ein paar Biere mit einem internistischen Kollegen und Freund. Dieser hat, wie ich, in Deutschland Humanmedizin studiert und dort eine Zeit lang gearbeitet, ehe es ihn in zurück in seine Geburtsheimat USA verschlagen hat. Normalerweise reden wir bei unseren Treffen vor allem über philosophische Themen und vor allem über Friedrich Nietzsche und Martin Heidegger, aber beim letzten Mal merkte ich, dass der Schuh ganz woanders drückte.
So berichtete mir mein Freund auch nach wenigen Minuten, dass er auf Teilzeit umgestellt habe. Der Arztberuf fülle ihn nicht wirklich aus, die Arbeit als Krankenhausinternist empfinde er als wenig befriedigend, und er fühle sich eher als Verwalter denn als Behandelnder seiner Patienten. So müsse er zunehmend vom US-Gesundheitssystem vorgegebene Gesundheitsindikatoren erfüllen und würde angerufen und solange belästigt bis diese erfüllt seien.
Weiterhin habe er mittlerweile uferlos scheinende administrative Konferenzen pro Woche zu absolvieren, würde von allerlei ihm unbekannten Leuten kontaktiert, die dauernd von ihm die Erfüllung irgendwelcher bürokratischer Hürden einforderten und hätte so an manchen Tagen das Gefühl, nicht ausreichend Zeit für die Patienten zu haben. Auβerdem scheine die vom Staat nun ermittelte Patientenzufriedenheit für manche im Krankenhaus wichtiger als das für ihn eigentlich Wichtige, nämlich die Genesung des Kranken.
Daher hatte er den Entschluss gefasst, auf Teilzeit umzustellen, beginnend zum Jahreswechsel. Auch hätte er schon einige Male überlegt, ob er nicht entweder eine Auszeit nehmen oder eine Zeit lang in Deutschland wieder arbeiten solle. Da er Mitte 40 sei, komme eine Frühberentung nicht infrage, sonst wäre das wohl seine liebste Variante gewesen. Das Gespräch blieb bei diesem Thema und erst nach einem dritten Bier schien die Laune gut genug, dass mein Kollege den Heimweg endlich antrat.
Seit einiger Zeit stelle ich tatsächlich bei Gesprächen mit ihm und auch anderen Kollegen eine deutlich zugenommene Unzufriedenheit fest. Der zunehmende Druck, die angestiegene Bürokratie, die dauernde Bevormundung, all das weckt einen gärenden Missmut. So recht weiβ keiner genau, wie er hiermit umgehen soll, doch klar ist, dass er Monat um Monat stärker zu werden scheint.
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