Vom Arztdasein in Amerika
Darf ein Arzt das?
Freitag, 20. Februar 2015
Im Bundesstaat Minnesota gibt es viele Zuwanderer aus Afrika, vor allem Äthiopien und Somalia. Ihre Kultur ist gemäß ihrer Herkunft eine islamisch-afrikanisch geprägte und entsprechend stark sind z.B. die Vollverschleierung der Frau, Gottesgläubigkeit mit entsprechender Hinwendung im Krankheitsfall, medizinische Mystik und eher prämodernes Denken verankert.
Die Behandlung vieler Somalier ist dadurch naturgemäß oftmals anders als die eines als durchschnittlich zu bezeichnenden Amerikaners und z.B. ist man als Arzt viel mehr mit sehr großen Familienstrukturen und entsprechender Diskussions- und Umgangsdynamik, oftmals den Medikamenten und Operationen kritisch eingestellten Menschen und höheren Barrieren beim geschlechterdiskordanten Behandeln konfrontiert, um nur einige Aspekte zu nennen. In meinem gegenwärtigen Krankenhaus behandeln wir aufgrund der Bevölkerungsstruktur des Stadtviertels besonders viele Somalier, geschätzt jeder zehnte Patient.
Nun platzte kürzlich einem Arztkollegen der Kragen nach einer mehr als zweistündigen Diskussion mit einer sehr großen somalischen Familie – er dürfe die Patientin nie ohne Schleier untersuchen und sei dadurch mit seiner Diagnostik begrenzt, jedes Medikament würde hinterfragt oder einfach nur abgelehnt und selbst kleine Sachverhalte müssten immer und immer wieder durchgekaut werden und man käme kaum voran. Es kam mit anderen Worten zu einem Konflikt aufgrund einer Kulturdiskordanz.
Mein Kollege war diese wiederkehrende Situationen aber derart leid, dass er die Kündigung einreichte und nun das Krankenhaus verlässt. Manche der Kollegen fanden die Entscheidung gut, einige wiederum fanden, dass ein Arzt so etwas nicht darf: Kündigen, weil er mit bestimmten Bevölkerungsgruppen nicht umgehen kann oder will. Doch wer hat am Ende recht? Wie weit muss ein Arzt sich anpassen können?