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Res medica, res publica

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Gesundheit ist eine öffentliche Sache. Das war schon 1907 so, als William Ewart seine Antrittsvorlesung am St. George's Hospital in London unter den Titel "Res medica, res publica" stellte. Wo muss der Staat handeln und wie? Was bedeuten gesundheitspolitische Vorschläge, wenn man sie zu Ende denkt? Gedanken dazu von Heinz Stüwe, Fachjournalist für Wirtschaft, Sozial- und Gesundheitspolitik.

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Res medica, res publica

Über Freibier und neue Freunde

Montag, 20. Juli 2015

Josef Hecken ist so etwas wie die graue Eminenz im deutschen Gesundheitswesen. Der gut vernetzte frühere Politiker zieht nicht nur im Hintergrund manche Fäden, als Unpar­teiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) entscheidet er auch. Erst nach Entscheidungen des obersten Selbstverwaltungsorgans ist oft klar, was gesetzliche Regelungen konkret bewirken.

In diesen Wochen kokettiert Hecken damit, dass er „viele neue Freunde“ gewonnen habe. Tatsächlich wird er, gefragter Referent auf gesundheitspolitischen Tagungen, vor und nach solchen Auftritten regelrecht bestürmt. Der naheliegende Grund: Hecken hat Geld zu verteilen. Der G-BA entscheidet über die Vergabe der Mittel des Innovations­fonds, der gemäß dem in der vergangenen Woche vom Bundesrat beschlossenen Versorgungsstärkungsgesetz von 2016 bis 2019 mit jährlich 300 Millionen Euro gefüllt ist. Das Geld soll in Projekte der innovativen sektorübergreifenden Versorgung und in die Versorgungsforschung fließen. Die zumindest dem Gesetzeswortlaut nach hohe Hürde mindert die mobilisierende Wirkung nicht. „Innovationsfonds ist wie Freibier“, wird in Berlin gespottet.

Wissenschaftler kramten schon alte Projektanträge heraus, berichten Kollegen, die sich gleichfalls Hoffnung auf Fördergelder machen. Und dann gibt es auch noch alte Freunde Heckens aus dem Saarland, wo der CDU-Mann mal Gesundheitsminister war: Diese vermeintlichen Freunde verbreiten siegesgewiss, sie seien auf jeden Fall dabei. Hecken selbst bestätigt nur, dass ihm informell schon viele Projekte unterbreitet worden seien. Die schaue er sich jetzt aber gar nicht an.

Der G-BA-Vorsitzende macht nur klar, was er nicht für förderfähig hält: Produktinno­vationen oder das nachträgliche Schließen von Evidenzlücken. Die meisten Projekte der vor Jahren extra geförderten integrierten Versorgung seien zu kleinräumig angelegt gewesen. Beim Innovationsfonds gehe es darum, in wissenschaftlicher Evaluation hinreichende Evidenz zu generieren, dass ein Projekt bei einer Übernahme in die Regelversorgung oder in große Selektivverträge die Versorgung verbessere, sagte er kürzlich auf dem Zukunftsforum des Verbandes der Ersatzkassen (vdek). Für wünschenswert hält Hecken beispielsweise Versorgungs­ansätze für Regionen mit hoher Morbidität und dünner Arztdichte, für die fachärztliche Versorgung in Alten- und Pflegeheimen oder Projekte zur besseren Abstimmung von psychotherapeutischer und psychiatrischer Versorgung.

Einstweilen gibt es noch nicht einmal die Förderrichtlinien. Die stellte Hecken für das letzte Quartal 2014 in Aussicht. Beschließen wird sie der Innnovationsausschuss beim G-BA, der erst noch gebildet werden muss. Es werde wohl eine zwei- oder dreimonatige Ausschreibungsfrist geben. Wenn dann über Projektanträge entschieden wird, ist zu befürchten, dass Hecken einige seiner neuen Freunde verliert.

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