Dr. werden ist nicht schwer...
Deutscher Fahrstil auf Schweizer Autobahnen = Gefängnis?
Freitag, 11. Dezember 2015
Wenn sich Deutsche über Begebenheiten in der Schweiz beschweren, geht es nicht selten ums Autofahren. Und wenn es ums Autofahren geht, geht es nicht selten ums Tempolimit bzw. die Ahndung von Verstößen gegen selbiges. In der Tat werden solche hier recht rigoros geahndet.
Vor wenigen Jahren wurden die gesetzlichen Grundlagen für die Rechtsprechung hierfür sogar nochmals verschärft. Dies wurde auch in Deutschland zur Kenntnis genommen. Eine (als sehr seriös geltende) deutsche Tageszeitung ließ sich sogar dazu hinreißen, dies in einem Beitrag anzuprangern. Der Autor beklagte, dass man bereits ab 1km/h eine Buße erhält (was nur stimmt, wenn man den Toleranzbereich der jeweiligen Messtechnik bereits abgezogen hat) und zog statistische Zahlen aus der Zeit vor der Gesetzesänderung heran, um zu belegen, dass deartige Gesetze nicht funktionieren (einige ähnliche Artikel später musste ich das Lesen der Zeitung – vermutlich ähnlich enttäuscht wie bisweilen meine Leserschaft – einstellen).
Auch die Schweizer Polizei kommt selten gut weg, befindet man sich einmal in einem der eingangs erwähnten Gesprächsmodi. Glaubt man den Berichten meist wenig reuiger Temposünder, halten sich auch die Polizisten in der Schweiz in Sachen Humor und Kulanz meist zurück.
Nach meiner bisherigen Erfahrung ist es weniger dramatisch als geschildert. Das Rasen ist hier in der Tat wesentlich teurer und führt bereits ab 10 km/h über Limit zu einem Verfahren und kann ab 30 km/h Tempoüberschreitung im Gefängnis enden. Das ist hart - aber Gesetz.
Die Polizei ist hier übrigens gerne in zivil und unauffällig mit Kameras ausgerüstet auf Autobahnen unterwegs. Neulich verfiel ich in einem Anfall von Eile in alte Gewohnheiten und ordnete mich spät ein, fuhr über Tempolimit und fuhr dicht auf. Kurze Zeit später wurde ich herausgefischt. Mir war die Lage sofort bewusst. Ich rechnete mit Führerscheinentzug und einer empfindlichen Geldbuße.
Der beteiligte Polizist stellte sich mir vor und fragte, ob ich denn wisse, warum er mich angehalten hat. Dann bat er mich, etwas weniger aggressiv zu fahren und erklärte mir das Tempolimit in der Schweiz und empfahl mir, weniger dicht aufzufahren und früher einzuscheren. Nur weil andere sich falsch verhielten, müsse ich es ihnen ja nicht gleich tun. Zudem „haben Sie so ein schönes Auto und wenn der vor ihnen abrupt bremst, sind Sie der Dumme". Als er mir mitteilte, dass er mir den Fahrausweis für meine Aktionen entziehen könnte, wirkte das weniger bedrohlich, als die Bemerkung, dass er und seine Kollegen auf der Autobahn präsent sind und solche Vergehen ahnden. Kurz darauf fuhr ich unbestraft, erleichtert und auch geläutert weiter. Und ich fahre seither tatsächlich rücksichtsvoller.
Hat weniger Angst vor der Schweizer Polizei als vor Deutschen Audis,
Euer Anton Pulmonalis