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Vom Arztdasein in Amerika

Vom Arztdasein in Amerika

Das Staatsexamen wurde 2007 abgelegt, und nicht nur die Frage der Fachrichtung, sondern auch die des Arbeitsortes musste beantwortet werden. Nachdem das Assistenzarztdasein in Frankreich und Deutschland ausprobiert wurde, ging es nach Minneapolis im Jahr 2009. Es schreibt Dr. Peter Niemann über seine Ausbildung zum Internisten (sowie der Zeit danach) und über die Alltäglichkeiten, aber auch Skurrilität eines Arztlebens in USA.

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Vom Arztdasein in Amerika

Deutschlands Gesundheitswesen besser?

Dienstag, 25. Juli 2017

Ein Leser meines Blogs sandte mir jüngst einen Leserbrief aus seiner regionalen Zeitung, der Saint Petersburg Times zu. Darin geht es um die persönlichen medizini­schen Erfahrungen eines amerikanischen Ehepaars, das zu Besuch in Deutschland war. Die Ehefrau stürzte, brach sich den Oberschenkelhals und musste in Deutschland behandelt und operiert werden, was alles am Universitätsklinikum in Frankfurt am Main geschah.

Der Chefarzt übernahm die Operation, und die Gesamtbehandlung war erfolgreich; und das amerikanische Ehepaar konnte mit etwas Verspätung zurück in die USA reisen. Die Gesamtkosten beliefen sich auf knapp 8.000 US-Dollar, was aus US-Sicht etwa nur einem Fünftel bis Zehntel entspricht, so meine eigene Erfahrung (laut dem Leserbrief gar nur ein Zehntel bis Zwölftel des zu erwartenden Betrags).

Der Autor dieses Leserbriefs räsoniert im Anschluss an die Schilderung über die Gründe, wieso die Behandlung in einem deutschen Krankenhaus aus seiner Sicht günstiger sei: Ärzte können juristisch kaum belangt werden, verdienen weniger (der Leser spricht von 200.000 bis 300.000 Euro an Jahressalär), sind nach ihrem Studium weniger verschuldet, erhalten deutlich niedrigere Fallpauschalen für Krankenhaus­behandlungen, und es gibt weniger Verwaltungskosten der Krankenversicherungen aufgrund der staatlich vorgeschriebenen Gesundheitswesensstruktur. Am Ende seines Briefes empfiehlt der Leser einen Blick nach Deutschland, um das amerikanische Gesundheitswesen mehr an diesem auszurichten.

Doch mich überzeugt der Leserbrief nicht. Wirken deutsche Ärzte und Krankenschwes­tern nicht auch oft überarbeitet? Gibt es nicht viel zu wenig Mitspracherechte der Patienten bei der Behandlung? Sind Ärzte nicht quasi immun gegen juristisches Vorgehen? Wird nicht heimlich und auch offen im Gesundheitswesen rationiert? Gibt es nicht eine starke Kluft zwischen gesetzlich und privat Krankenversicherten?

Doch eine Lösung habe ich ebenfalls nicht und weiß selber nicht, welchem System am Ende der Vorzug zu geben ist. Es ist wohl alles eine Frage der Perspektive – wohl­habend versus arm, Migrant versus Einheimischer, alt versus jung, Arzt versus Patient, Tourist mit Chefarztbehandlung versus Einheimischer mit Assistentenbehandlung und vieles mehr.

Kommentare

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Avatar #560064
nocure
am Dienstag, 1. August 2017, 12:25

Aus persönlicher Erfahrung

ist eine Ausweitung des Mitspracherechtes in alle Details nicht unbedingt zielführend. In einem System, in dem der Patient meistens selbst zahlt, bitte, dann kann dieser gerne haben und machen was er selbst auch will. Wenn aber die Allgemeinheit für diese Person zahlt, dann sollten nicht auch die persönlichen Befindlichkeiten aus diesem "Säckel" bezahlt werden. Theoretisch gibt es für viele Erkrankungen und Operationen hüben wie drüben Standards, welche nur gerne, so kommt einem aus deutscher Sicht vor, hüben in Anbetracht der "Dollarzeichen" in den ärztlichen Augen massiv aufgeweicht werden. Der Kunde zahlt ja, egal was.
Ich hätte die Frage am Ende des Blogs eher anders gestellt: Wie kann es sein, dass in Deutschland eine dermaßen hochwertige und international vergleichbar gute Medizin in diesem Ländervergleich so günstig sein kann?
LNS

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