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Vom Arztdasein in Amerika

Vom Arztdasein in Amerika

Das Staatsexamen wurde 2007 abgelegt, und nicht nur die Frage der Fachrichtung, sondern auch die des Arbeitsortes musste beantwortet werden. Nachdem das Assistenzarztdasein in Frankreich und Deutschland ausprobiert wurde, ging es nach Minneapolis im Jahr 2009. Es schreibt Dr. Peter Niemann über seine Ausbildung zum Internisten (sowie der Zeit danach) und über die Alltäglichkeiten, aber auch Skurrilität eines Arztlebens in USA.

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Vom Arztdasein in Amerika

Ein Besuch beim Kinderarzt

Donnerstag, 8. Februar 2018

Mein jüngstes Kind wirkt kerngesund, entwickelt sich prächtig und beginnt, erste Schritte zu laufen. Sie isst gut, lacht viel, schläft zwar nicht unbedingt so gut, wie man es sich erhofft, aber eben wie man es von einem knapp zehn Monate alten Säugling erwartet. Mit anderen Worten sind wir mit ihrer Gesundheit sehr zufrieden, und als wir Eltern vom Kinderarzt aufgefordert wurden, zu einer Routineuntersuchung zu kommen, wussten wir nicht, ob das notwendig sei, kamen aber der Bitte nach. So gingen wir also zur Praxis zum vereinbarten Termin, ließen die Kleine wiegen und messen, den Blut­druck und die Herzfrequenz bestimmen, den Kinderarzt sie von oben bis unten unter­suchen und dann noch etwas Blut abnehmen, um den Anteil der roten Blutzellen, also dem Hämoglobin, wie auch den Bleispiegel bestimmen zu lassen, alles Teil einer Routineuntersuchung.

Nach einer halben Stunde Gesamtpraxiszeit waren Kind und Mutter wieder auf dem Heimweg, nur ein kleines Pflaster und getrocknete Tränenspuren im Gesicht zeugten vom Besuch beim Arzt, als ich etwas später nach Hause kam und mir die Bestätigung anhörte, dass unsere Tochter sich gut und gedeihlich entwickelt.

Umso überraschender dann die horrende Arztrechnung für diese Bestätigung, und sie steht beispielhaft für die Sicht des Patienten auf den medizinischen Alltag: Abnahme von Blut durch eine Phlebologin kostet uns 34 US-Dollar (dauerte eine Minute), die Bestimmung des Hämoglobinwerts 67 und Bleispiegels 112 US-Dollar, alles Dinge, die von einer Maschine automatisiert gemacht werden. Für den Arztkontakt selber, der etwa zehn Minuten insgesamt dauerte, wurden uns 186 US-Dollar berappt, sodass eine Gesamtsumme von 399 Dollar in Rechnung gestellt wurde, wobei 267,60 von meiner Krankenversicherung bezahlt wurden und ich somit „nur“ noch 131,40 zu entrichten habe.

Die Gesundheit meiner Kinder ist mir sehr wichtig, doch selbst ich als gut verdienender Arzt werde mir beim nächsten Mal überlegen, ob ich nicht lieber auf einen solchen Arztbesuch verzichten möchte.

Kommentare

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Avatar #87253
Aedes
am Samstag, 24. Februar 2018, 18:24

Indiziert oder nicht?

Entweder ist die Vorsorge sinnvoll, dann kann man die sicherlich überhöhten Gebühren anprangern, aber man sollte nicht ernsthaft den Verzicht in Erwägung ziehen.
Oder die Untersuchung ist nicht sinnvoll, dann ist aber auch der Preis egal und man sollte es lassen. Erst recht, wenn es für das Kind unangenehm und schmerzhaft ist.

Wieder einmal verstehe ich nicht, worauf der Kollege genau hinaus will.

Zum Thema Bleispiegel:
https://www.economist.com/news/international/21737253-paint-laced-lead-lingers-rich-countries-and-still-being-manufactured-poor

Da muß er sich schon sehr sicher sein, dass weder in Kindergarten noch zu Hause nicht doch noch bleihaltige Farbe an den Wänden klebt.

Und überhaupt, wieviel verlangt der Autor denn für seine Leistungen? Das würde mich mal interessieren! Wieviel wird für die für ihn tätige Phlebologin abgerechnet?
Avatar #103205
Patroklos
am Freitag, 9. Februar 2018, 14:59

Vorsorge?

Ist das noch Vorsorge oder schon geschicktes Marketing?

Gerade bei solchen Gesundheitsdienstleistungen für Säuglinge und Kleinkinder wird man diese Frage kaum beantworten können, da man als Betroffener doch alles für das Kind tun und sich nicht nachsagen lassen will, etwas unterlassen zu haben.
Sehr unangenehm, dass die Gesundheitsdienstanbieter hier voll reingrätschen.
LNS

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