Global Health
Nichtübertragbare Erkrankungen
Montag, 26. März 2018
Nichtübertragbare Erkrankungen (noncommunicable diseases) – im Gegensatz zu den Infektionserkrankungen oder übertragbaren Erkrankungen (communicable diseases) – breiten sich weltweit aus und sind daher von zunehmender Bedeutung. Der Effekt hinter dieser Entwicklung, der epidemiologische Wandel, wurde schon vor vielen Jahrzenten beobachtet und beschrieben. Der epidemiologische Wandel beschreibt die Tatsache, dass mit zunehmender wirtschaftlicher Entwicklung und mit zunehmendem Wohlstand die Bedeutung von übertragbaren Erkrankungen im Verhältnis zu den nichtübertragbaren Erkrankungen, die auch als „Wohlstandskrankheiten“ beschrieben werden, abnimmt. Von dieser Entwicklung sind besonders die Länder niedriger und mittlerer Einkommen betroffen (low- and middle-income countries, LMICs). Hier haben die nichtübertragbaren Erkrankungen bereits einen hohen Stellenwert und betreffen große Bevölkerungsteile, während die übertragbaren Erkrankungen noch immer ebenfalls hohe Erkrankungs- und auch Todeszahlen bedingen.
Erschwerend kommt zu dieser Entwicklung hinzu, dass die allgemeine Wahrnehmung, auch in Fachkreisen, dieser nicht gerecht wird. Von weltweit im Jahr 2015 geschätzt knapp 57 Millionen Todesfällen entfallen fast 40 Millionen, also etwa 70 Prozent (!) auf nichtübertragbare Erkrankungen. Betrachten wir die Situation in den Ländern niedriger und mittlerer Einkommen genauer, werden die Zahlen noch eindrücklicher. 80 Prozent aller Todesfälle aufgrund nichtübertragbarer Erkrankungen ereignen sich in den Ländern niedriger und mittlerer Einkommen, nur 20 Prozent der Todesfälle an „Wohlstandskrankheiten“ ereignen sich also in den wohlhabenden Ländern.
Erfolgreiche Maßnahmen gegen diese Entwicklung sind möglich, verlangen aber koordinierte Anstrengungen und eine entsprechende Finanzierung. Genauso wie beim Kampf gegen übertragbare Erkrankungen, zum Beispiel HIV/Aids und Malaria, setzen sich diese Maßnahmen unter anderem aus der Verbreitung von Medikamenten, Aufklärungskampagnen, der Stärkung von Gesundheitssystemen und Interventionen zur Vermeidung und Verringerung negativer Umwelteinflüsse zusammen.
Zu Beginn der Anstrengungen ist es jedoch unbedingt notwendig, das Thema seiner Bedeutung entsprechend zu diskutieren und in den Fokus der internationalen Aufmerksamkeit zu lenken. Ein großer Teil der Förderung für Entwicklungszusammenarbeit orientiert sich an den Themen und Schwerpunkten, die von maßgeblichen UN-Organisationen gesetzt werden. Während die „Millennium Development Goals“ aus dem Jahr 2000 kein Ziel zu Maßnahmen gegen nichtübertragbare Erkrankungen enthielten, wurde dies bei der Aufstellung der nachfolgenden „Sustainable Development Goals“ 2015 berücksichtigt und hiermit eine wichtige Grundlage geschaffen, die Förderung in diesem Bereich zu intensivieren.
Der Nachholbedarf ist immens. In einer Studie zur Verfügbarkeit von Standard-Medikamenten zur Behandlung kardiovaskulärer Erkrankungen (ASS, Statine, ACE-Hemmer, β-Blocker) konnte gezeigt werden, dass diese nur in drei Prozent der untersuchten ländlichen Regionen und nur in 25 Prozent der untersuchten städtischen Regionen in Ländern niedriger Einkommen erhältlich waren. Hinzu kommt, dass in vielen Regionen, in denen die Medikamente verfügbar waren, das verfügbare Haushaltseinkommen so niedrig war, dass viele Patienten sich die Medikamente nicht leisten konnten.
Ein wichtiger Faktor wird eine ausreichende Finanzierung, auch über staatliche und private Entwicklungszusammenarbeit, sein. Auch hier besteht ein erheblicher Nachholbedarf. Während 70 Prozent der globalen Todesfälle im Jahr 2015 nichtübertragbaren Erkrankungen zuzuschreiben waren und sich 80 Prozent dieser Todesfälle in den Ländern niedriger und mittlerer Einkommen ereigneten, betrug der Anteil der internationalen Entwicklungsausgaben für Gesundheit für den Bereich nichtübertragbarer Erkrankungen nur 1,3 Prozent. Nur mit einem beträchtlichen Anstieg der Ausgaben für diesen Bereich können hier Erfolge erwartet werden.
Bereits im Jahr 2011 hat die WHO ein Programm vorgelegt, um möglichst kosteneffizient in Ländern niedriger und mittlerer Einkommen auf individueller und gesellschaftlicher Ebene mit einfachen Maßnahmen einen besonders großen Gesundheitsnutzen zu erzielen. Programme wie dieses sollten breit Anwendung finden und so die gesamten verfügbaren Mittel, also auch die in den betroffenen Ländern niedriger und mittlerer Einkommen bereits verfügbaren finanziellen Ressourcen, möglichst effizient eingesetzt werden, sodass auch mit begrenzten Ressourcen ein möglichst großer Nutzen erzielt wird.
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