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Vom Arztdasein in Amerika

Vom Arztdasein in Amerika

Das Staatsexamen wurde 2007 abgelegt, und nicht nur die Frage der Fachrichtung, sondern auch die des Arbeitsortes musste beantwortet werden. Nachdem das Assistenzarztdasein in Frankreich und Deutschland ausprobiert wurde, ging es nach Minneapolis im Jahr 2009. Es schreibt Dr. Peter Niemann über seine Ausbildung zum Internisten (sowie der Zeit danach) und über die Alltäglichkeiten, aber auch Skurrilität eines Arztlebens in USA.

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Vom Arztdasein in Amerika

Bürokratie: Wie viele Seiten denn noch?

Mittwoch, 2. Mai 2018

Erstbesuch bei einem Arzt. Es geht letztlich um eine banale Sache, nämlich Routineuntersuchung für eine Schwangerschaft, denn meine Partnerin und ich erwarten unser nächstes Kind, für mich immerhin das sechste. Alles läuft gut, es gibt keine ernsthaften Beschwerden, aber weil wir umgezogen sind, ist die Praxis beziehungsweise die Patientin neu.

Also sind wir 15 Minuten vor dem vereinbarten Termin in den eleganten Praxisräumen erschienen und füllen Formulare aus. Das ist Usus in US-amerikanischen Arztpraxen. Zunächst füllen wir das zweiseitige Dokument für die Versicherung aus, hinterlegen meine Kreditkartennummer und unterschreiben beide, dass wir für die Fehldifferenz zwischen dem, was die Krankenversicherung bezahlt (beim ersten Arztbesuch werden das knapp 150 US-Dollar sein) und dem, was wir der Arztpraxis schulden, geradestehen werden. Dann kommt das vierseitige Dokument, in welchem nach gynäkologischen Vorerkrankungen, vorherigen Schwangerschaften, Familienproblemen mit Schwanger­schaften und Fragen zur letzten Menstruation und dem bisherigen Verlauf der Gravitas gefragt wird.

Dann folgt der zweiseitige Bogen, bei dem wir zustimmen, die Richtlinien für den Datenschutz zur Kenntnis genommen zu haben, wie auch das nächste Dokument, in dem wir der Praxis das Recht geben, Dokumente vom vorherigen Frauenarzt anzufordern. Es folgt dann noch der vierseitige Bogen, bei dem aktuelle Symptome abgefragt wie auch Fragen zu Familienerkrankungen und persönlicher Kranken­anamnese gestellt werden, ehe wir alles unterschrieben der Arzthelferin zurückgeben.

Liest das überhaupt jemand? Im Mayo-Clinic-System vielleicht schon, doch hat das alles irgendeine Relevanz? Nicht wirklich, doch wer Bekanntschaft mit der amerikanischen Bürokratie und Medizinlandschaft gemacht hat, der wird wissen, dass diese Berge an Dokumenten stets dazugehören, ehe man einen Arzt oder Zahnarzt zu Gesicht bekommt.

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