Vom Arztdasein in Amerika
Veränderte Sicherheitslage in deutschen Krankenhäusern?
Dienstag, 22. Mai 2018
Als ich noch studierte und in Deutschland als Arzt arbeitete beziehungsweise hospitierte, sei es in Krankenhäusern in München, Frankfurt, Kiel, Berlin oder Schwerin, um einige meiner Stationen zu nennen, da waren Sicherheitsmaßnahmen außerhalb der Psychiatriekrankenhäuser weitgehend unbekannt. Doch von Diskussionen mit ärztlichen Freunden und Kollegen, nach Lektüre diverser Massenmedien, kriege ich den Eindruck, dass sich deutsche Krankenhäuser rasch verändern und der amerikanischen Krankenhauslandschaft immer ähnlicher werden.
Kurz ein Eindruck aus meiner Zeit in deutschen Krankenhäusern zwischen 2001 und 2012: Ein einzelner Pförtner am Eingangsbereich, offene Türen, kaum bis keine Sicherheitskameras, kein Sicherheitspersonal, Patientenzimmer und selbst Arzt- und Krankenpflegepersonalräume leicht zugänglich. Es gab nur sehr selten die Notwendigkeit für Sicherheitsmaßnahmen, sehe ich von einzelnen Fällen ab, wie als wir einmal das Mitglied einer kurdischen Familie notoperierten oder einer Romafamilie behandelten und in beiden Fällen Familienmitglieder ihre Emotionen uns gegenüber lautstark und zum Teil körperlich kundtaten.
Dazu standen dann meine Erfahrungen aus den USA im starken Kontrast, wo Sicherheitspersonal mit Schusswaffe omnipräsent ist, gerade an Orten, wo es häufiger zu Auseinandersetzungen kommt, wie der Notaufnahme, wo Videokameras alles aufzeichnen, Personal im Umgang mit Gewalt geschult ist, Polizei häufig herbeigerufen wird und ein gestiegenes Misstrauen gegenüber fremden und sich seltsam benehmenden Menschen herrscht. Für mich ist diese Vorgehensweise mittlerweile in Fleisch und Blut übergegangen. Und es ist Alltag, dass viele Türen verriegelt sind, man fremde Menschen anspricht, um ihre Motive zu eruieren, man sich hinter verschlossenen Türen zurückzieht und diverse Nummern am Schreibtisch hat, um Sicherheitspersonal schnell rufen zu können.
In dem Maße, wie sich die Demografie und das Verhalten Deutschlands an der multikulturellen und -ethnischen Struktur der USA orientieren und verändern, ist es in meinen Augen auch zwangsläufig, dass traditionelle Strukturen überdacht und verändert werden müssen. Dazu gehört auch die Frage der Sicherheit und der Umgang hiermit. Und ich bin nicht überrascht, wenn ich höre und lese, dass in deutschen Krankenhäusern immer mehr Kameras installiert und Sicherheitsleute eingestellt werden. Man kann das bedauern und man kann diese Veränderung auch negieren. Doch klar ist, dass die Ruhe und Idylle des deutschen Krankenhauswesens in meinen Augen dahin ist und amerikanische Verhältnisse zu erwarten, beziehungsweise an einigen Orten schon eingetroffen sind.
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