Global Health

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Welchen Erfolg haben internationale Organisationen mit Programmen gegen HIV, Malaria und vernachlässigte Tropenerkrankungen? Welche Rolle spielen NGOs mit Milliardenbudgets beim Kampf gegen Kindersterblichkeit und Mangelernährung, mit ihrem Einsatz für Familienplanung und Impfungen? Welche ethischen Fragen stellen sich in diesem Zusammenhang? In seinem Blog ‚Global Health‘ befasst sich Dr. med. Alexander Supady mit internationalen Gesundheitsthemen.

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Global Health

So viele Menschen

Montag, 11. Juni 2018

Wir sind viele. Und wir werden immer mehr. Im Jahr 2017 lebten auf der Welt gut 7,5 Milliarden Menschen. Eine unvorstellbar große Zahl, besonders, wenn wir uns im Vergleich dazu die Bevölkerungszahlen der vergangenen Jahrhunderte und das Wachstum gerade während der letzten Jahrzehnte anschauen.

Im Altertum bis hinein ins Mittelalter lebten nur wenige Hundert Millionen Menschen auf der Erde und die Bevölkerung war über Jahrhunderte weitgehend konstant. Die Geburtenraten waren hoch, genauso jedoch herrschte eine hohe Mortalität und die meisten Menschen starben schon im jungen Alter. Die industrielle Revolution und die Errungenschaften, die diese hervorbrachte und vorantrieb – insbesondere Bildung für breitere Bevölkerungsschichten, bedeutende hygienische Verbesserungen, sauberes Trinkwasser, medizinische Versorgung und Nahrungssicherheit – führten zu sinkender Mortalität und einem Anstieg der Lebenserwartung bei zunächst gleichbleibender Fertilität, also hohen Geburtenraten.   

So kam es zu einem recht raschen Anstieg der Weltbevölkerung und im Jahr 1900 lebten bereits gut 1,5 Milliarden Menschen auf der Erde. Besonders in den sich entwickelnden und zusehends entwickelten Industrieländern beobachteten wir bereits im 19. Jahrhundert und ganz besonders im Verlauf des 20. Jahrhunderts bei abnehmender Fertilität einen beeindruckenden Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung und dadurch stetig wachsende Gesellschaften. Kriege und Hungersnöte konnten diese Entwicklung nur kurzzeitig unterbrechen, aber nicht recht aufhalten.

Bis zum Jahr 1950 wuchs die Weltbevölkerung auf diese Weise bereits auf mehr als 2,5 Milliarden Menschen an. Seither gewinnt dieses Wachstum an Schwung. Obwohl in vielen entwickelten Industrieländern die Bevölkerungen mittlerweile stagnieren oder gar schrumpfen, zeigt dieser Effekt auf globaler Ebene noch keine Wirkung. Zur Jahrtausendwende lebten etwa sechs Milliarden Menschen auf der Erde, im Jahr 2017 7,5 Milliarden, im Jahr 2050 werden es geschätzt fast zehn Milliarden Menschen sein und im Jahr 2100 womöglich schon über elf Milliarden – vielleicht sogar noch mehr.

Ein Grund hinter dieser Entwicklung ist ein Effekt, der als „epidemiologischer Wandel“ beschrieben wurde – die stetige Abnahme der Bedeutung von Infektionserkrankungen für die globale Morbidität und Mortalität und die Zunahme der Bedeutung von nichtübertragbaren Herz-Kreislauf-, Atemwegs- und Krebserkrankungen.

Auf diese Veränderungen müssen wir reagieren, wir müssen unser Handeln entsprechend korrigieren und anpassen. In der Entwicklungszusammenarbeit müssen wir unseren Fokus (und damit einhergehend natürlich auch finanzielle Ressourcen) vermehrt in Richtung der nichtübertragbaren Erkrankungen verschieben, ohne dabei jedoch die übertragbaren Erkrankungen aus den Augen zu verlieren, denn sie sind in vielen Ländern und Regionen noch immer von großer Bedeutung.

Vor weitere Herausforderungen wird uns die Ernährung all dieser Menschen und die Versorgung mit ausreichend sauberem Trinkwasser stellen. Allein in Afrika wird sich die Bevölkerung bis zum Jahr 2050 auf mehr als 2,5 Milliarden Menschen verdoppeln, bis zum Jahr 2100 ist ein Anstieg auf 4,5 Milliarden Menschen zu erwarten. Jedoch schon jetzt hungern Millionen Menschen und haben keinen Zugang zu ausreichend und sicherem Trinkwasser.

Menschen, die in ihrer Heimat hungern, keine Arbeit finden, in Armut leben und keine Bildung und keine ausreichende medizinische Versorgung finden, ziehen an andere Orte. Die Weltbank kalkuliert, dass bis zum Jahr 2050 in Afrika, Asien und Latein­amerika mehr als 140 Millionen Menschen innerhalb ihrer Heimatländer aufgrund von Klima­veränderungen ihren Wohnort wechseln werden. Und viele Menschen werden versuchen, in wohlhabende Weltregionen, insbesondere nach Europa und nach Amerika, auszuwandern. Diese Entwicklung ist vorhersehbar und sie wird sich nicht verhindern lassen. Bereits jetzt befinden sich fast 70 Millionen Menschen weltweit auf der Flucht.

Diese Entwicklung stellt gerade uns in den entwickelten und reichen Industrieländern des globalen Nordens vor riesige Herausforderungen. Verzweifelte Menschen auf der Flucht vor Not, Hunger, Kriegen und Perspektivlosigkeit lassen sich nicht durch Zäune aufhalten, nicht durch schwer zu überwindende Meere oder reißende Ströme, nicht durch bewaffnete Polizisten oder Soldaten, nicht durch die Aussicht auf die Unter­bringung in erbärmlichen Lagern oder überfüllten Massenunterkünften.

Nur eine faire globale Wirtschaftsordnung, Frieden und Sicherheit, die es den Menschen ermöglichen, auch in ihrer Heimat ein erträgliches Auskommen zu erwirtschaften, sich einen Wohlstand zu erarbeiten, den Zugang zu medizinischer Versorgung, zu Bildung und zu ausreichender Nahrung und zu sauberem Trinkwasser zu erhalten, werden verhindern können, dass Hunderte Millionen Menschen aus ihrer Heimat fliehen werden.

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