MEDIZIN: Übersichtsarbeit
Extragenitale Endometriose in der Differenzialdiagnostik von nichtgynäkologischen Erkrankungen
Extragenital endometriosis in the differential diagnosis of non-gynecological diseases
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Hintergrund: Die Endometriose ist eine chronische benigne Erkrankung, die etwa 10 % der Frauen im reproduktiven Alter betrifft. Pathognomonisch ist das Auftreten von Dysmenorrhö, Dyschezie, Dysurie, Dyspareunie und Infertilität. Die Erscheinungsformen der extragenitalen Endometriose (EE) stellen eine diagnostische Herausforderung dar, da diese Erkrankung aufgrund ihrer ungewöhnlichen Lokalisation mit Infiltration von verschiedensten Organen und entsprechender Symptomatik andere Erkrankungen imitieren kann.
Methode: Wir führten eine selektive Literaturrecherche zu den häufigsten extragenitalen Lokalisationen der Endometriose unter Berücksichtigung der aktuell geltenden Leitlinie durch.
Ergebnisse: Die Evidenzlage zur Behandlung der extragenitalen Endometriose basiert hauptsächlich auf Kohortenstudien und Querschnittsstudien. Die Therapie erfolgt entweder operativ mit Sanierung und/oder konservativ zum Beispiel einer Hormontherapie. Die gastrointestinale Endometriose ist die häufigste Manifestation der EE. Sie betrifft in fast 90 % das Rektum und das Sigma und präsentiert sich typischerweise mit Dyschezie. Die urogenitale Endometriose ist die zweithäufigste Form der EE. Sie tangiert in mehr als 85 % die Blase und und präsentiert sich durch Dysurie, Hämaturie oder Reizblasensymptomatik. Das Zwerchfell ist die Prädilektionsstelle der thorakalen Endometriose, wobei periodenassoziierte Schulterschmerzen sowie katamenialer Pneumothorax mögliche klinische Präsentationen darstellen. Die nervale Endometriose zeigt sich häufig mit einer Ischialgie. Bei der Endometriose der Bauchdecke treten schmerzhafte Knoten im Bereich von Narben nach abdominellen Eingriffen auf.
Schlussfolgerung: Eine kausale Therapie der chronisch verlaufenden Endometriose ist bisher nicht bekannt. Unter Berücksichtigung von Risikofaktoren und der Abwägung von Nutzen und Risiken wird die Therapie individuell mit der Patientin festgelegt. Eine rechtzeitige Diagnose ist hierbei von entscheidender Bedeutung.


Das Vorkommen von endometrialem Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle definiert die Endometriose, die etwa 10% der Frauen im reproduktiven Alter betrifft. Ihre Prävalenz in Deutschland liegt bei etwa 8,1 von 1 000 Frauen mit einer Häufung in der Gruppe zwischen 35 und 44 Jahren (1).
Bekannte Risikofaktoren sind (2)
- frühe Menarche und späte Menopause
- kurze Menstruationszyklen
- niedriger Body-Mass Index (BMI)
- niedrige Parität.
Die Ätiopathogenese der Endometriose ist bisher nicht geklärt. Als mögliche ursächliche Faktoren gelten eine uterine Hyperperistaltik und eine Hyperöstrogenisierung, diskutiert werden unter anderem aber auch genetische Faktoren, die Implantationstheorie und eine zelluläre Metaplasie (3).
Obwohl die Endometriose jährlich zu etwa 25 000 stationären Aufenthalten in Deutschland führt, ist das allgemeine Bewusstsein für die Erkrankung gering (3, 4). Die klassische Präsentation der Endometriose mit Dysmenorrhö, Dyspareunie, Infertilität sowie zyklusabhängigen Unterbauchschmerzen kann zur richtigen Diagnose führen. Dennoch wird die Endometriose in Deutschland mit einer Verspätung von bis zu 10 Jahren diagnostiziert, wobei als Ursache dafür Fehldiagnosen vermutet werden (5). Dies gilt insbesondere für die extragenitale Endometriose (EE), die circa 9 % der Patientinnen mit Endometriose betrifft (6). Die Mehrheit der Fälle der EE werden primär nichtgynäkologischen Fachrichtungen präsentiert (7). Eine Diagnoseverzögerung und daraus resultierende chronische Schmerzen können das Nervensystem dysregulieren, was zu einem abnormalen Schmerzmuster führen kann, dessen Abklärung noch aufwendiger ist (8, 9). Für die Patientinnen hat das körperliche, aber auch psychische und soziale Folgen (4). Deshalb sind das rechtzeitige Erkennen der Symptomatik und die Einleitung der adäquaten Therapie von großer Bedeutung.
Die Diagnostik beginnt mit der Anamnese und der gezielten Nachfrage bezüglich der Zyklusabhängigkeit. Die klinische Untersuchung erfolgt symptombezogen und beinhaltet die Spiegeleinstellung, die Palpation inklusive rektovaginaler Palpation, eine transvaginale Sonografie und eine Nierensonografie. Der Goldstandard zur histologischen Diagnosesicherung ist eine diagnostische Laparoskopie.
Der chronische Verlauf der Endometriose erfordert ein langfristiges und individuelles Therapiekonzept, das die konservative (symptomatische und hormonelle) sowie operative Behandlung beinhaltet und durch komplementärmedizinische Ansätze ergänzt werden kann. Die operative Therapie ist bei Organdestruktion, Abklärung von Sterilität und persistierenden Schmerzen indiziert, wobei unter Berücksichtigung der daraus resultierenden Lebensqualität der Patientin eine komplette laparoskopische Resektion angestrebt werden soll (3). Kohorten- und Querschnittsstudien konnten keinen eindeutigen Vorteil der operativen gegenüber der medikamentösen Therapie im Hinblick auf die Endometriose-assoziierte Schmerzsymptomatik zeigen (3).
Das Ziel der medikamentösen Behandlung ist eine sekundäre Amenorrhö zu erreichen. Die medikamentöse Therapie kann außer bei den genannten operativen Indikationen primär versucht werden. Dienogest, das Mittel der ersten Wahl, konnte in vier randomisierten kontrollierten Studien eine positive Wirkung auf Endometriose-assoziierte Beschwerden zeigen, wobei Nebenwirkungen im Sinne von Kopfschmerzen, Stimmungsschwankungen oder Zwischenblutungen bei weniger als 10 % der Patientinnen auftraten (3). Als Zweitlinientherapeutika können kombinierte orale Kontrazeptiva, Gonadotropin-Releasing-Hormon(GnRH)-Analoga oder lokal anwendbare Gestagene eingesetzt werden (3). Falls nach einer Operation nicht direkt eine Schwangerschaft angestrebt wird, empfiehlt die aktuelle Leitlinie die anschließende hormonelle Therapie, um die Rezidivraten zu senken (3). Die spezifische Diagnostik und operative Therapie der EE wird in den jeweiligen Abschnitten des vorliegenden Artikels genauer dargestellt.
In diesem Artikel möchten wir das klinische Bild der EE darstellen. Bereits 1989 haben Markham et al. vorgeschlagen, die EE in vier Kategorien einzuteilen (6, 10) (Tabelle 1):
- gastrointestinale Endometriose (32,3 %)
- urogenitale Endometriose (5,9 %)
- thorakale Endometriose
- andere Lokalisationen inklusive Nerven und Haut (insgesamt 61,8 %).
Diese Einteilung entspricht nicht der aktuellen Leitlinie, bietet aber eine bessere didaktische Übersicht. Ziel unseres Beitrags ist es, den diagnostischen Blick für die vielgestaltige Symptomatik der Endometriose zu schärfen, damit sie in differenzialdiagnostischen Überlegungen auch über das Fachgebiet der Gynäkologie hinaus stärker berücksichtigt wird.
Material und Methoden
Es erfolgte eine selektive Recherche in PubMed und Google Scholar zu vier Gruppen der EE unter Berücksichtigung der aktuellen Leitlinie Diagnostik und Therapie der Endometriose (3). Darauf basierend werden im Folgenden relevante Informationen für die klinische Praxis, insbesondere für nicht-gynäkologische Kolleginnen und Kollegen, zusammengefasst.
Gastrointestinale Endometriose
Die Endometriose des Verdauungstraktes (GIE) stellt die häufigste Lokalisation der EE dar und betrifft laut einer retrospektiven Analyse rund 23 % aller Patientinnen mit tief-infiltrierender Endometriose (TIE) (11). Dabei kann der Befall sowohl oberflächlich peritoneal als auch tief infiltrierend sein (12). Mit einem Anteil von 83,1 % ist die Beteiligung des Rektosigmoids am häufigsten, gefolgt von Appendix (6,4 %), Dünndarm (4,7 %), Zökum (4,1 %) und anderen Abschnitten des Gastrointestinaltrakts (1,7 %) (11).
Spezifisch für GIE sind Symptome wie Dyschezie, periodenabhängige Diarrhö, Hämatochezie oder Obstipation, Dyspareunie in der tiefen Penetration sowie Schmerzen beim Sitzen mit Ausstrahlung in den Damm (13). Auch unspezifische Beschwerden wie chronische Bauchschmerzen und Blähungen, wie sie beispielsweise beim Reizdarmsyndrom vorkommen, können durch Endometriose bedingt sein (14). Laut einer retrospektiven Analyse leiden 36 % der Patientinnen mit Reizdarmsyndrom auch an Endometriose (15). Appendizitis-typische Symptome sowie sonografische Auffälligkeiten im rechten Unterbauch können beim Befall des Appendix durch Endometriose auftreten (16). Die Wahrscheinlichkeit, einen Ileus zu erleiden, war in einer populationsbasierten Studie mit einer Odds Ratio (OR) von 14,6 (95-%-Konfidenzintervall: [11,4; 18,8]) für Patientinnen mit GIE deutlich erhöht (17).
Bei der Diagnostik können in der rektovaginalen Untersuchung mitunter Endometrioseherde getastet werden (18). Bei Verdacht auf GIE kann eine Magnetresonanztomografie (MRT) durchgeführt werden (19) (Abbildung 1), wobei sowohl die MRT als auch der transvaginale Ultraschall jeweils eine Sensitivität von 85–90 % und eine Spezifität von 96 % bei der Diagnose von Endometriose im Rektosigmoid erreichen (20). Die Koloskopie ist bei GIE, selbst bei zyklusabhängiger Hämatochezie, meist unauffällig (19), wird aber empfohlen, um gastroenterologische Differenzialdiagnosen auszuschließen. Zudem können dabei Stenosen sicher erkannt werden (21).
Die medikamentöse Therapie der GIE entspricht der üblichen medikamentösen Behandlung der Endometriose (13, 18). Eine operative Therapie der GIE wird empfohlen, wenn die medikamentöse Therapie die Symptome nicht ausreichend kontrolliert, und richtet sich grundsätzlich nach dem Schweregrad der Symptomatik, der Größe der Endometrioseherde sowie zu erwartenden Komplikationen (13). In einer prospektiven Studie entschieden sich 33 % der Patientinnen mit GIE nach 12 Monaten medikamentöser Therapie aufgrund einer unzureichenden Besserung für eine Operation (22). An GIE erkrankte Patientinnen mit Darmbeteiligung, die an Infertilität leiden, können laut einer retrospektiven Fallkontrollstudie von einer operativen Therapie vor Beginn der reproduktionsmedizinischen Behandlung durch höhere Schwangerschafts- und Lebendgeburtenraten profitieren (Lebendgeburtenrate nach drei Zyklen Fertilitätsbehandlung 70,6 % versus 54,9 %) (23). Die chirurgischen Therapieoptionen für Endometriose am Darm sind die oberflächliche Abtragung („shaving“), die diskoide Resektion und die Segmentresektion, wobei die Wahl der Operationstechnik von der Größe und der Lage der Läsionen abhängt. (21). Insbesondere im tiefen Rektum bis 5–8 cm ab dem Anus gilt es, die Risiken der Disk- oder Segmentresektion gegen den Nutzen einer solchen Operation abzuwägen (13, 18). Schwere postoperative Komplikationen wie zum Beispiel eine Blasenentleerungstörung oder Fisteln treten laut einem systematischen Review bei etwa 11 % der Frauen auf (24) (Tabelle 2).
Urogenitale Endometriose
Die Endometriose des Urogenitaltraktes (UGE) ist die zweithäufigste Form der EE. Sie betrifft die Blase in über 85 % , die Ureteren in 10 %, die Nieren in 4 % und die Urethra in 2 % der Fälle (25). Typischerweise tritt die UGE bei Frauen zwischen dem 30. und dem 45. Lebensjahr auf (26). Als Risikofaktoren für eine UGE gelten vorangegangene Operationen im kleinen Becken; daneben wurde auch eine familiäre Häufung beschrieben (27). Patientinnen mit parametraner Infiltration durch Endometriose und niedrigem BMI haben nach einer retrospektiven Analyse ein erhöhtes Risiko für eine Ureterinfiltration (OR 2,94; [1,24; 6,97] (28). Als protektiver Faktor der Blasenendometriose scheint ein retroflektierter Uterus zu gelten (27). Die Blase ist am häufigsten am Blasendach betroffen. Die Ureterendometriose kommt häufiger beim linken Ureter und seinem distalen Teil vor, was auf anatomische Unterschiede zwischen rechtem und linkem Unterbauch zurückzuführen ist (28).
Tückisch an der UGE ist, dass sie bei bis zu 50 % der betroffenen Patientinnen stumm verläuft, was bei der Ureterendometriose zwar sehr selten, aber Fallberichten zufolge zum vollständigen Funktionsverlust der vorgeschalteten Niere führen kann (29). Neben typischen oben genannten Beschwerden kann sich die Blasenendometriose durch Dysurie, rezidivierende Harnwegsinfekte, Hämaturie, Reizblasensymptomatik, Tenesmen oder auch Inkontinenz präsentieren (30). Perizyklisch kommen die Beschwerden laut einem systematischen Review bei circa 40 % der Frauen mit Blasenendometriose vor (31). Nur 15 % der Frauen mit Endometriose des Ureters sind symptomatisch im Sinne von bestehenden Flankenschmerzen oder Hämaturie (25).
Nach einer Analyse von 13 Patientinnen wurden 70 % der Fälle einer Hydronephrose bei UGE durch die behandelnden Hausärztinnen/Hausärzte entdeckt (32). In der Diagnostik spielt besonders die Abhängigkeit der Beschwerden vom Zyklus eine Rolle. Die UGE kann sich durch tastbare Knoten in der Vagina und/oder dem Darm sowie verkürzte Parametrien zeigen. Laut Carfagna et al. können sonografisch echoreiche Herde sowohl in der Blasenwand als auch im Bereich der Harnleiter in gewissen Fällen dargestellt werden (Sensitivität knapp 56 %, Spezifität 100 %) (e1). Eine Urinuntersuchung inklusive Urinzytologie ist gegebenenfalls um eine Zystoskopie mit Histologiegewinnung zu ergänzen, insbesondere zur Differenzialdiagnostik von Raumforderungen im Bereich der Blase (31). Eine MRT kann bei Verdacht auf eine intrinsische Ureterendometriose oder kleinen Blasenläsionen hilfreich sein (3).
Die Endometriose der Blase kann im Einzelfall medikamentös behandelt werden, die aktuelle Leitlinie empfiehlt die Resektion der Herde (3). Eine Hydronephrose stellt eine absolute Indikation zur Operation dar. Eine Ureterolyse mit dem Ziel, den Ureter zu befreien, muss nach der Diagnosestellung zeitnah erfolgen und führt laut einer Metaanalyse in 86,7 % der Fälle zum Erfolg (33). Weitere Behandlungsoptionen sind eine Ureterresektion und -neuimplantation. Risiken wie zum Beispiel die Entstehung einer Fistel oder einer Stenose und Rezidivraten nach der operativen Therapie der UGE wurden in einem systematischen Review analysiert (33) (Tabelle 2).
Thorakale Endometriose
Die Thoraxendometriose (TE) ist eine grundsätzlich seltene Erkrankung. Sie kann laut einem systematischen Review mit 628 Patientinnen am häufigsten das Zwerchfell (44,5 %), seltener die Pleura (12,7 %) und die Lunge (4,5 %) betreffen, häufig kommt es aber zum simultanen Befall mehrerer Strukturen. 53–84 % der Frauen mit TE haben auch einen genitalen Befall (7). Das Erkrankungsalter ist im Vergleich zur genitalen Endometriose um rund fünf Jahre höher (30. bis 34. Lebensjahr) (34).
Ein typisches Symptom stellen zyklusabhängige, meist rechtsseitige Schmerzen im Bereich von Thorax, Scapula oder Schulter dar, die sich durch die gemeinsame Innervation des Zwerchfells durch das Segment C5 erklären lassen und laut einem systematischen Review etwa 10 % der Patientinnen betreffen (7). Ein zyklusassoziierter (katamenialer) Pneumothorax (Auftreten 24 h vor bis 72 h nach Einsetzen der Menstruationsblutung) gehört zu weiteren Merkmalen der TE. Laut einem systematischen Review entstehen 7,3–36,7 % aller Fälle von spontanen Pneumothoraces bei Frauen im reproduktiven Alter aufgrund einer Endometriose (35). Der Pneumothorax tritt in 93 % aller Fälle rechts auf, seltener links oder bilateral, wobei der Grund für die Seitenpräferenz bisher nicht ausreichend erklärt werden konnte (7, 34). Auch zyklusunabhängig kann ein Pneumothorax auftreten, dies ist bei etwa 25 % aller Patientinnen mit TE der Fall (7). Hämoptysen, besonders bei Lungenendometriose (82 %), Husten oder Dyspnoe können zusätzlich zur oben genannten Symptomatik bei Befall von Lunge oder Pleura vorkommen (7).
Die Diagnostik erfolgt durch die anamnestische Korrelation von Schulter- /Thoraxschmerzen mit der Menstruationsblutung sowie die radiologische Diagnostik, wobei die MRT in der T1-fettunterdrückten Sequenz die höchste Spezifität zeigen konnte (36). Bei Hämoptysen kann eine Bronchoskopie hilfreich sein, gerade auch, um die deutlich häufigeren Differenzialdiagnosen abzugrenzen. Eine endgültige Diagnosesicherung gelingt durch den histologischen Nachweis von Endometrioseherden.
Bei der chirurgischen Therapie wird in einer Metaanalyse ein zweizeitiges Vorgehen mit anschließender medikamentöser Behandlung empfohlen (37). Zunächst sollte die chirurgische Therapie erfolgen. Je nach Wahrscheinlichkeit der Endometriose als Auslöser der Beschwerden umfasst diese eine videoassistierte thorakoskopische Chirurgie (VATS) (bei niedriger bis moderater Wahrscheinlichkeit einer TE) oder eine VATS mit Laparoskopie im interdisziplinären Ansatz durch Thoraxchirurginnen und Thoraxchirurgen sowie Gynäkologinnen und Gynäkologen (bei hoher Wahrscheinlichkeit einer TE). Hier zeigen sich in der Mehrzahl der Fälle Defekte im Diaphragma, die dann chirurgisch versorgt werden (7, 38) (Abbildung 2). In den Fällen ohne übernähbaren Defekt kann sich eine Pleurodese anschließen (39).
Endometriose der Nerven und der Haut
Die nervale Beteiligung gehört ebenfalls zu den seltenen Erscheinungsformen der EE. Am häufigsten betroffen sind laut einem Review die Nerven des Plexus sacralis (ESN) und hier insbesondere der Nervus ischiadicus (40). Etwa 34 % der Patientinnen zeigen ausschließlich einen Nervenbefall ohne Nachweis von peritonealen Endometrioseherden (40). Als Ätiopathogenese wird hierbei die Entwicklung aus undifferenzierten Zellen innerhalb des Nervs selbst diskutiert (e2).
Als typisch gilt eine zyklische perimenstruelle Ischialgie. Bleibt die Erkrankung über längere Zeit unbehandelt, kann dies zu einer konstanten Schmerzsymptomatik und neurologischen Defiziten führen (e3). In einer retrospektiven Analyse mit 267 Patientinnen traten neurologische Defizite bereits ein bis drei Jahre nach Beginn der Schmerzsymptomatik auf, womit die ESN eine schnell fortschreitende Form der EE zu sein scheint. Entsprechend des motorischen und sensiblen Versorgungsgebietes der betroffenen Nerven des Plexus sacralis kann es zu Hüft-, Bein- und Beckenschmerzen, Taubheitsgefühlen, Kribbeln und Schmerzen der unteren Extremität sowie motorischen Defiziten mit Gangstörungen und Muskelatrophien kommen (40). Die Symptomatik ist in aller Regel einseitig, überwiegend rechtsseitig (e4). In Abgrenzung zum Bandscheibenvorfall sind meist mehrere Nervenwurzeln und damit mehrere Dermatome und Kennmuskeln betroffen.
In der transvaginalen Untersuchung des Sakralplexus kann in Einzelfällen ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen mit Triggerschmerz und Parästhesien provoziert werden. Neurophysiologische Tests können Hinweise auf das nervale Schädigungsmuster geben, sind bei geringer Spezifität allerdings wenig zielführend. Diagnoseverfahren der Wahl ist laut einer kleiner Fallserie die MRT (e5). Alternativ wird die Sonografie als geeignete Methode beschrieben (e6).
Erfolge einer rein medikamentösen Therapie bei Endometriose mit Befall des Plexus sacralis wurden selten berichtet (e6). Die operative Therapie, mit Exzision der parametranen und peritonealen Herde, wird in kleineren retrospektiven Analysen und Fallserien beschrieben. Sie verbesserte signifikant die Lebensqualität und die Schmerzsymptomatik der Patientinnen, wobei als die häufigste postoperative Komplikation die Blasenentleerungsstörung beschrieben wurde (e7).
Eine weitere Lokalisation der Endometriose ist die Hautnarbe nach einer Kaiserschnittentbindung, Hysterektomie oder Laparoskopie, die sich als Knoten im epifaszialen Bereich präsentiert und laut einem Review weniger als 1 % der Frauen mit Endometriose betrifft (e8). Diese gutartigen, schmerzhaften Knoten können einfach exzidiert werden. In Tabelle 1 sind die häufigsten Lokalisationen zusammengefasst.
Resümee
Die Endometriose ist eine benigne, aber chronisch verlaufende Erkrankung, die verschiedene Organsysteme betreffen und eine vielfältige Symptomatik verursachen kann. Das rechtzeitige Einleiten der Therapie, ob konservativ oder chirurgisch, ist entscheidend für den Behandlungserfolg. Die Grundlage hierfür bildet das Erkennen der Endometriose.
Interessenkonflikt
Die Autorin und Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Manuskriptdaten
eingereicht: 02.11.2021, revidierte Fassung angenommen: 30.03.2022
Anschrift für die Verfasser
Dr. med. Davut Dayan
Universitätsklinikum Ulm
Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Prittwitzstr. 43
89075 Ulm (Michelsberg)
davut.dayan@uniklinik-ulm.de
Zitierweise
Lukac S, Schmid M, Pfister K, Janni W, Schäffler H, Dayan D: Extragenital endometriosis in the differential diagnosis of non-gynecological diseases. Dtsch Arztebl Int 2022; 119: 361–7. DOI: 10.3238/arztebl.m2022.0176
►Die englische Version des Artikels ist online abrufbar unter:
www.aerzteblatt-international.de
Zusatzmaterial
eLiteratur
www.aerzteblatt.de/m2022.0176 oder über QR-Code
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